Helmut Draxler
Aug um Aug
Galerie Krinzinger, Wien
Nun logiert auch Ursula Krinzinger dort, wo die österreichische Kunst eben passiert: in der Wiener Innenstadt, und zwar, ganz symptomatisch, gleich im 1. Stock eines Historismus-Palais, das ehedem als Spielcasino diente. Gegenüber, im Etablissement Ronacher, feiern selbst gerade die Operette und ein Wachsfigurenkabinett Auferstehung. Prunkräume mit 600 qm Ausstellungsfläche verheißen ein ambitioniertes Programm. Auch wenn sich in letzter Zeit einiges getan hat, hat die Wiener Galerienszene solche Belebung bitter nötig. Interessant deswegen, weil Krinzinger bis vor kurzem, in enger Zusammenarbeit mit der Galerie nächst St. Stephan, so etwas wie eine landesweite Monopolstellung in Sachen jüngste Avantgarden zukam. Eine solche ist nun, endlich, nicht mehr zu halten; St. Stephan macht konsequent neukonstruktiv, und da sind noch andere, und das alles verspricht Reibung und Aufwind.
Krinzingers Werdegang begann 1971 in Bregenz, dann folgten 15 Jahre in Innsbruck. Er war immer engstens in der »promotion« österreichischer Kunst verbunden: Aufbauarbeit für den Wiener Aktionismus, Frauenkunst, neuer Kunstbegriff, neue Malerei, schließlich die jungen Tiroler.
Nicht alles dies spiegelt sich auch in der Wiener Eröffnungsausstellung »Aug um Aug«. Vielmehr wurde der Generationenkonflikt vorgeschoben und eine Annäherung an jene umfangreichen Ausstellungen der letzten Jahre gesucht, die jeweils das Jahr 1960 als entscheidende Zäsur der österreichischen Kunstgeschichte annahmen. Weniger subjektiver Galeristenbericht also als »überparteilicher« Anspruch. An Peter Weiermairs »Arte Austriaca 1960-84« in Bologna, Robert Flecks »Weltpunkt Wien« in Straßburg und schließlich an Otto Breichas »Innovativ. Beispiele postinformeller österreichischer Bildkunst« in Graz und Salzburg sei erinnert.
Das Bekenntnis zum Aktionismus bildet sozusagen den Kern aller dieser…