»Auf Friedhöfen pfeift man nicht so laut…«
Ein Interview mit Harry Kramer zum Projekt »Künstler-Nekropole« in Kassel
von Peter Funken
P.F: Harry Kramer, können Sie Ihr Projekt einer “Künstler-Nekropole” kurz beschreiben und erklären, wie Sie auf die Idee gekommen sind?
H.K.: Es sollen von ausgewählten Künstlern Monumente errichtet werden, unter denen sie sich später bestatten lassen. Natürlich denke ich dabei nicht an einen normalen Friedhof – niemand wird meinen Kollegen vorschreiben, wie ihre Monumente auszusehen haben. Die Nekropole ist das Spiegelbild, der Gegenentwurf, zur Metropole. Groteskerweise haben sich seit der Frühgeschichte immer die Nekropolen erhalten, nie die Metropolen. Ich glaube, daß der Versuch, Gräber zu bauen – und wenn man nur Steine aufschichtete, um einen Leichnam vor Schakalen zu schützen -, den Beginn von Architektur bedeutet hat. Auch die ersten Monumente finden sich in den Nekropolen. Das ist für mich Grund genug, dahin zurückzukehren.
P.F: In Ihrem Projekt wird doch in einem romantischen, aufs Geniale abzielenden Sinne auf die Sakralisierung von Künstlern hingearbeitet. Warum strebt man nicht zumindest im Tod eine Gleichheit an, wenn sie im Leben nicht stattfindet?
H.K.: Das ist eine Frage, die immer wieder gestellt wird. Ich bin nun mal Künstler und kein Bäcker. Ich weiß nicht, ob das Bedürfnis nach Unsterblichkeit aus der Welt zu schaffen ist – bei Künstlern ganz sicher nicht. Wir müssen uns entscheiden, was wir wollen: mehr Rücksicht auf eventuelle, elitäre Anwürfe – das heißt, wir sind Gleiche unter Gleichen und verschwinden alle -, oder wollen wir den Versuch machen, in die Verdrängungsmechanismen, von denen jeder weiß, einzugreifen.
P.F:…