Boris Nieslony:
Auch extreme Möglichkeiten
Boris Nieslony hat seine künstlerische Arbeit immer wieder in Grenzbereiche zu anderen geisteswissenschaftlichen Disziplinen erweitert und in “offenen Arbeitssituationen” neue Formen der Zusammenarbeit und des Ausstauschs mit anderen Künstlern entwickelt. 1988 war er einer der Preisträger des Kulturpreises des “Bundesverbandes der Deutschen Industrie”/BDI.
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Die Finanzierungsstrategie ist aus der materiellen Realisierung von Kunst nicht auszuklammern. Welchen Einfluß hat das auf die inhaltliche, ästhetische Zielsetzung?
B.N.: Viele Projekte haben früher nicht richtig geklappt, weil nicht genau abgeklärt worden war, an wen sie sich richteten. Das mochte den “Mann auf der Straße” betreffen oder auch mögliche Sponsoren. Aber wenn diese inhaltlichen Fragestellungen genau präzisiert sind, dann sind manche Firmen durchaus bereit, sich auch auf extreme künstlerische Positionen einzulassen. Die Industrie würde ja nicht Kunst sponsern, wenn sie das nicht nötig hätte. Die Zunahme der Technisierung stellt völlig neue Anforderungen an den menschlichen Geist: Wie lassen sich zum Beispiel die relativ langsamen Denkvorgänge in der Mathematik verändern und beschleunigen? Die Industrie braucht ein analoges Denken jenseits der rationellen Logik, Denkmethoden, wie sie früher in der Mystik oder Religion üblich waren, und das künstlerische Prinzip der Montage ermöglicht die Komplexität, die zum Beispiel für Computer-Schaltsysteme beispielhaft ist.
B.N.: Der Beitrag des Künstlers liegt in der Montage verschiedener hermetisch abgeschlossener Denksysteme, um größere Systeme analog zu bilden.
Die künstlerische Gegenleistung zum Sponsor-Geld läge also im “Vorausdenken”?
B.N.: Das Sich-Aussetzen des Künstlers in “offenen Arbeitssituationen” ist mit dem Training für hochqualifizierte Manager vergleichbar, wo es um die Überprüfung und Schärfung der Fähigkeiten geht. Die meisten Künstler haben in…