HANS KNAPP
Atmosphäre der Vernunft
VON MARION PIFFER-DAMMIANI
“Wir fühlen, daß selbst wenn alle möglichen wissenschaftlichen Fragen beantwortet sind, unsere Lebensprobleme noch gar nicht berührt sind.”
Wittgenstein
Marion Piffer-Damiani: Auf dem Schreibtisch sehe ich den dicken Band von Thomas Metzinger (1995) über das “Bewußtsein”. Mich würde interessieren, welche Stelle das Lesezeichen markiert.
Hans Knapp: Das Lesezeichen liegt bei Seite 169. Da zitiert Georges Rey (“Annäherung an eine projektivistische Theorie des Bewußtseins”) in einer Fußnote die folgende Stelle von T. S. Eliot:
“Der einzige Weg, ein Gefühl mit den Mitteln der Kunst auszudrücken, besteht darin, ein ‘objektives Korrelat’ zu finden; mit anderen Worten, eine Menge von Objekten, eine Situation, eine Kette von Ereignissen, die die Formel dieses bestimmten Gefühls darstellen soll; und zwar derart, daß, wenn die äußerlichen Fakten, die in der Sinneswahrnehmung enden müssen, gegeben sind, das Gefühl unmittelbar hervorgerufen wird.” (1920, Hamlet and his Problems, in: The Sacred Wood. London: Methuen)
Erkennst du in diesem Zitat deine eigenen Ansichten über Kunst?
Nur zum Teil. Die Frage, was es heißt, mit den Mitteln der Kunst etwas auszudrücken und worin es besteht, daß ein Werk etwas ausdrückt, beschäftigt mich seit langer Zeit, und deshalb sammle ich prägnante Aussagen zu diesem Thema. Ich glaube nun allerdings, daß Eliot hier eine ungünstige Theorie skizziert. Ich stimme dem “objektiven Korrelat” zu in dem Sinne, daß Ausdruck nicht etwas Regelloses oder Willkürliches ist, aber man sollte nicht sagen, daß ein Kunstwerk dasjenige Gefühl ausdrückt, welches es im Betrachter hervorruft. Ein Kunstwerk kann vieles ausdrücken: Gefühle, andere Zustände oder Eigenschaften, die der Rezipient an…