Renate Puvogel
Astrid Klein
“Photoarbeiten 1984 – 1989”
Kestner-Gesellschaft, 11.2.-28.3.1989
Die großen Photoarbeiten dieser Ausstellung tönen von den Wänden wie tiefe Glockenschläge, sie dröhnen wie schwer herabrollende Steinbrocken. Kein Bild ist überflüssig, ein Bild nährt sich aus dem anderen, im Erdgeschoß sind die gewaltigen, teilweise rahmenlosen Geschehen versammelt, darunter der Zyklus “Verführung -Sklaverei” von 1988, oben die Helden des “Scheiterns”.
Die Schwarz-Weiß-Arbeiten der 38jährigen Kölner Künstlerin sind ganz ausgereift, man sieht ihnen die Sicherheit im Umgang mit den fototechnischen Vorgängen an, und man spürt die Intensität, mit welcher die Künstlerin zentrale Themen angeht. Astrid Klein stellt Fragen an die Geschichte, die ein dunkles Licht auch auf die Gegenwart werfen, oder sie führt allgemeine Lebens- und Weltverhältnisse vor, in die Vergangenheit und Gegenwart gleichermaßen einfließen.
Biographisches hat Klein inzwischen ganz aus ihren Bildern getilgt, aber es schwelt dennoch in der inneren Anteilnahme der Produzentin. Der Künstlerin gelingt es, unsere diffusen Vorstellungen von allgemeinen Ärgernissen, von nationalen Schrecknissen und mythischen Geschichten zu präzisen, aussagekräftigen Bildmetaphern zu bündeln. In ihnen werden die Ereignisse weder verharmlost, noch auf eine Formel reduziert, sondern sie erstehen neu zu beziehungsreichen Gesichten. Ein raffiniertes Ausbalancieren von Vorder- und Hintergrund, von entzifferbarer Szene und verschwommener Kulisse bewahrt Klein davor, die Bilder entweder eindeutig entziffern zu können oder aber ihren Inhalt ins Indifferente zu schieben. Der Betrachter ist in andauernder fruchtbarer und quälender Unruhe gehalten. Bei “Verführung – Sklaverei II” etwa könnte Klein auf ein Foto vom nächtlichen Einzug der Kumpel in die Grube zurückgegriffen haben, aber die unnennbare Menschenkette scheint eher auf das finstere…