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Magazin: Publikationen · von Michael Lingner · S. 461 - 461
Magazin: Publikationen , 1995

Ästhetische Bildung der Differenz

Kunst und Pädagogik im technischen Zeitalter

Der wachsenden kulturellen Wichtigkeit, die dem Ästhetischen in unserer modernen “Erlebnisgesellschaft” zukommt, und den tiefen Umbrüchen, welche die neuen Technologien und künstlerischen Strategien für unsere Welterfahrung bedeuten, kann das Unterrichtsfach “Kunst”, wie es heute konzipiert ist, immer weniger gerecht werden. Denn Kunst umfaßt inzwischen solche unterschiedlichen, hochausdifferenzierten und getrennten Aspekte wie etwa den fabrikativen des Machens, den ästhetischen des Erfahrens, den rationalen des Erkennens, den historischen des Wissens, den physio-psychologischen des Wahrnehmens, den hermeneutischen des Deutens, den gesellschaftlichen des Kommunizierens … und bezieht zudem über den eigentlichen Kunstbereich hinaus die gesamte Lebenswelt mit ein. Die Verschulung dieser hohen Komplexität, die eine wesentliche Qualität von Kunst ausmacht, in einem einzigen, zumeist zweistündigen Fach ist genauso aussichtslos, als wenn das breite Spektrum physischer, chemischer und biologischer Phänomene in einem Großfach “Naturwissenschaft” vermittelt werden sollte. Je verzweifelter sich die Schulwirklichkeit darstellt, desto mehr neigt die bildungstheoretische und -politische Diskussion zu universalen Scheinlösungen. Fachdidaktische Vorschläge, sich in der Kunstpädagogik primär etwa auf die Ausbildung von Leib- und Sinnlichkeit zu spezialisieren, entziehen sich der eigentlichen Problematik kaum weniger als kultusbürokratische Kalküle, das Fach schlicht abzuschaffen.

Nachdem jüngst die einzige noch bestehende Fachzeitschrift, die überhaupt für Kunst und Unterricht zuständig ist, zugunsten der Veröffentlichung schulstufenspezifischer Unterrichtsbeispiele und -hilfen sich als zukunftsorientiertes, theoretisches Diskussionsforum mehr oder weniger verabschiedet hat, ist der vorliegende Versuch von Pierangelo Maset zu umfassenden Fundierung und Neufassung Ästhetischer Bildung um so bemerkenswerter. Dabei werden sowohl die Bedingungen unserer technologisch ausgerichteten Gesellschaft als auch die Veränderungen in…

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