Claudia Wahjudi
Artur Zmijewski
»Ausgewählte Arbeiten«
Neuer Berliner Kunstverein, 19.5. – 24.6.2007
Mit der Bohrmaschine stemmt Salvatore den Putz von der Wand. Jessica schöpft Ketchup aufs warme Würstchen. Bevor Aldo Obst- und Fischreste vom Marktplatz fegt, geht er am Meer angeln. Dorota fährt mit dem Bus zum Verbrauchermarkt vor der Stadt, nimmt hinter der Kasse Platz und zieht Marmeladen, Konserven, Zahnpasta über den Scanner. Zu Hause bereitet sie Mann und Kindern das Abendbrot zu. Sie isst. Dann spült sie, betet mit den Töchtern, putzt sich die Zähne und geht zu Bett. Sie wälzt sich im Schlaf. Am nächsten Morgen wartet sie wieder auf den Bus.
Artur Zmijewski hat das normale Leben ganz normaler Leute gefilmt, in Polen, Mexiko, Deutschland und auf Sizilien. Nichts ist hier ungewöhnlich außer der Tatsache, dass sich jemand für ihren Alltag interessiert. Und dass die Gefilmten Zmijewski erlaubt haben, sie mit der Kamera zu begleiten, 24 Stunden nonstop bis ins Schlafzimmer, und aus dem Material dann viertelstündige Filme zu schneiden. Denn das hier ist nicht “Big Brother”: Hier gibt es nichts zu gewinnen, hier wird niemand Popstar.
Zehn solcher Filme, darunter sieben Uraufführungen, zeigt Zmijewski im Neuen Berliner Kunstverein, der drei davon koproduziert hat. Einer läuft einige Tage auch nachts auf der Straße, alle zehn laufen auf Plasmabildschirmen im Verein drinnen. Die flachen Geräte lassen die Szenen wie bewegte Tafelbilder aussehen. Das betont den Gegensatz zwischen den abgebildeten, lauten Lebenswelten von Menschen, die einer schlecht bezahlten Routinearbeit nachgehen, und dem ruhigen bildungsbürgerlichen Flair eines Kunstvereins. Schnell lassen sich einige Gemeinsamkeiten…