Uta M. Reindl
ArToll Labor 1994
Psychiatrische Klinik, Haus 6, Bedburg-Hau, 28.8. – 9.10.1994
Das dichte Grün der hohen Bäume, dazwischen zwei- und mehrstöckige Backsteinhäuser mit strengen Fassaden, kleinere haben Gärten davor, sind mitunter umzäunt. Der Treppenaufgang zur Kirche ist mit Brettern zugenagelt. Wie eine merkwürdige Stadt wirkt das Gelände der psychiatrischen Klinik von Bedburg-Hau, deren Geschichte bekanntlich vom Nationalsozialismus getrübt wurde. Jener etwas beklemmenden Stimmung des Ortes jedenfalls kann sich kaum jemand entziehen, sicherlich konnten dies auch die Künstler während der Vorbereitung ihrer Arbeiten nicht, die sie während der Spätsommerwochen in Haus 6 und auf dem Gelände präsentieren; in Haus 6, weil es zu den ersten gehört, die durch die Umstrukturierungsmaßnahmen zur offenen Psychiatrie frei geworden sind.
“ArToll Labor”, ein Neuwort aus Kunst – Art und Toll, heißt das bemerkenswerte Projekt. Die Veranstaltung ist als Labor konzipiert, als offene Zusammenarbeit nämlich, was spontane Beiträge sowie das interdisziplinäre Experiment zum Programm macht. Denn während der vier Wochen fanden Konzerte, Performances und Autorenlesungen in Haus 6 wie auch in anderen Räumen des Klinikgeländes statt, um die Offenheit des Ortes und dessen Kontextorientiertheit zu unterstreichen.
Die Kunst in Haus 6 schien von Unsicherheit gegenüber der sie umgebenden Realität gezeichnet. Viele Arbeiten thematisierten etwa Phänomene von Wahnvorstellungen, doch oft zu zaghaft. Sinnlich ausdrucksstark war die Arbeit von Claus van Bebber, der im Baderaum sämtliche Becken und Wannen randvoll mit Wasser hatte laufen lassen, die jeder einzelne Tropfen aus dem minimal geöffneten Hahn zum Überlaufen brachte. Somit tropfte es auf die umgekehrten Eimer und Sektkübel, die als Resonanzkörper…