Thomas Wulffen
Art Focus
»Zeitgenössische israelische Kunst«
6.10. – 10.11.1994
Das Unternehmen brauchte keinen Vergleich zu scheuen. Es entsprach in besonders ausgeprägter Weise einer gegenwärtigen Tendenz, die Peripherie ins Zentrum zu rücken, und es tat dies mit Erfolg. Die Rede ist von der Ausstellung, besser den Ausstellungen, die sich unter dem Titel “Art Focus – Zeitgenössische israelische Kunst” in ganz Israel präsentierten, künstlerisch koordiniert von Yona Fischer, Direktor des Jerusalem Center for the Visual Arts. Die Katalogkassette mit sämtlichen Katalogen der einzelnen Ausstellungen wiegt allein zehn Kilogramm, und so mancher eingeladener Kurator aus West- und Osteuropa hatte seine Schwierigkeit, das Paket nach Hause zu schaffen. Ähnliche Probleme hätte er wohl gehabt, wäre er auf eigenen Füssen gestanden, um die insgesamt siebenundsiebzig Ausstellungsorte selbst anzusteuern. Eine gut funktionierende Organisation sorgte für Transporte, Termine und Informationen. Daß man sich angesichts des Angebots bescheiden mußte, versteht sich von selber. So hat der Autor dieser Zeilen während eines siebentägigen Aufenthalts ungefähr sechzehn Ausstellungen ganz unterschiedlichen Charakters besucht, die ihm die Möglichkeit gaben, einen ersten Einblick und Überblick zur zeitgenössischen Kunst in Israel zu erhalten.
Dabei mussten Vorurteile korrigiert werden, die dem zentraleuropäischen Kritikerblick wie von selbst im Kopf umherschwirren. Denn von Folklore war an diesen Orten wenig zu bemerken. Eher das Umgekehrte war der Fall: Wenn überhaupt von einem internationalen Stil zeitgenössischer Kunstproduktion gesprochen werden kann, so fand man den hier genauso wie in der Schweiz oder in Spanien. Das führte einen angereisten russischen Kurator zur Ablehnung der ganzen zeitgenössischen israelischen Kunst. Mag sein, daß diese Ablehnung…