Art and Alphabet
Hamburger Kunsthalle
21.07. – 29.10.2017
von Hajo Schiff
Texte bestehen aus Wörtern, die Wörter aus Buchstaben. Haben die einen eigenen, textunabhängigen Sinn? Immer wieder suchen Poeten und Künstler nach verborgenen Bedeutungen der arbiträren, also bloß vereinbarten Zeichen. Ein „A“ an sich hat nichts Wesensmäßiges, etwas was z. B. auf Schönheit, Anfang oder Art oder Albernheit verwiese. Doch damit zu Spekulieren, bereitet jenes philosophische, literarische und künstlerische Vergnügen, mit dem sich auch die Ausstellung „Art and Alphabet“ in der Hamburger Kunsthalle goutieren lässt. In 22 Positionen, wesentlich aus den letzten zehn Jahren, geht es um das Verhältnis von Schrift und Bild, werden Buchstaben als Material verwendet oder neue Lesbarkeiten erzwungen. Dabei ist die Auswahl – mit einem Ausreißer ins Arabische – auf das lateinische Alphabet beschränkt. Aber das nutzt mit über 60 Sprachen die halbe Welt, wenn auch mit zusätzlichen Sonderzeichen. Gerade aus diesen Sonderzeichen, und nur aus diesen, hat Ayse Erkmen (eigentlich mit Sonderzeichen unter dem „s“ geschrieben) eine ganze Wandarbeit gestaltet. Mit den am Rande der Tastaturen oft unbenutzt wartenden Zeichen hat sie den Satz: „The quick brown Fox jumps over the lazy Dog“ gebildet, ein wenig sinnvolles Statement, das aber ein traditioneller Schreibmaschinentester war, da er alle Buchstaben des Alphabets enthält. Ähnlich hardwarebasiert ist das Soundstück von Ignacio Uriarte: Wenn Blixa Bargeld, der kunstaffine Sänger der „Einstürzenden Neubauten“ melodramatisch über eine halbe Stunde „ASDFGHJKLÖ“ variantenreich rezitiert, handelt es sich schlicht um die zweite Buchstabenreihe der deutschen Standardtastatur, die von der traditionellen Schreibmaschine ohne eigentlich…