Jörg Restorff
Arme, Beine, Herzen…
… Oberkörper, Glieder, Büsten, Gesicht, Maske, Skelett, Verdauungssystem, Nervensystem, Parasiten
Westfälischer Kunstverein, Münster,29.11.1991 – 19.1.1992
Es wäre sicher übertrieben, von einer anthropomorphen Wende in der jüngsten Gegenwartskunst zu sprechen, wo doch der Körper als darstellbares und darstellungswürdiges Thema der Kunst schon seit längerem rehabilitiert ist (falls es dessen bedurfte) und selbst zur Zeit der Vorherrschaft einer geometrisch-abstrakten Richtung figürliche Tendenzen unterschwellig immer mitliefen. Gleichwohl fällt es auf, wenn sich in rascher Abfolge gleich drei Ausstellungen mit dem Verhältnis der Kunst zum Körper befassen. Nachdem der Grazer Kunstverein vor kurzem die ausschließlich mit Arbeiten der letzten zwei Jahre bestückte Schau “Körper und Körper” (vgl. KUNSTFORUM, Bd. 116, S. 408 f.) zeigte und der Filmregisseur Peter Greenaway jüngst mit der für das Rotterdamer Boymans-van-Beuningen-Museum zusammengestellten Präsentation “The Physical Self” eine weitere Probe seiner Körperobsession gab, schloß sich Friedrich Meschede, Geschäftsführer des Westfälischen Kunstvereins, als dritter dem Bunde der die Kunst auf Herz und Nieren prüfenden Ausstellungsmacher an.
Über den langgestreckten Rechteckraum im Obergeschoß des Landesmuseums für Kunst und Kulturgeschichte verteilte er in lockerer Ordnung artifizielle Extremitäten und Innereien aus verschiedenen Materialien, von elf Künstlern geschaffen, teils an Wänden und von der Decke hängend, teils am Boden liegend: eine Gesamtinstallation, die zunächst wie ein Anatomiekabinett voller Torsi anmutet, deren einzelne Elemente sich jedoch im Bewußtsein des Betrachters nach und nach zu einem neuen kollektiven Gesamtorganismus zusammenfügen. Das Ensemble der Körperteile deckt einen Zeitraum von 25 Jahren ab; die älteste Arbeit, eine Grafik der 1970 verstorbenen Eva Hesse mit der schematisierten Darstellung…