MARTIN PAWLEY
Architektur im Kampf gegen die neuen Medien
1. Die Krise der Ersatz-Stadt
Die letzte Hoffnung der Architektur ist die Stadt. Die großartige, aus dem späten 19. Jahrhundert stammende Stadt, deren königliche Paläste, Avenuen, Kaufhäuser, Hauptbahnhöfe, Opernhäuser, Theater, Parks, Paradeplätze und Kasernen zu Hotels, Museen, Kunstgalerien, teuren Wohnungen, klimatisierten Einkaufszentren, Restaurants, Bars, Klubs, Kinos, Büros von Fluglinien, Banken mit Geldautomaten, U-Bahnhöfen und brodelnden Parkplätzen für Autos wurden.
Die “Ersatz-Stadt”, die wieder die aus der Vergangenheit übriggebliebenen Körper der großen Städte besetzen und beleben soll, hypnotisiert die kampfbereiten Verteidiger der architektonischen Kultur in Europa. Für diese verspricht sie ein neues Leben, eine Wiederkehr der Ökonomie jener europäischen Städte der Alten Welt, deren Herzen durch die Zusammenbrüche der Königreiche, das Wüten der Kriege, die Entstellungen des Wiederaufbaus und das Abwandern der Investitionen in andere Kontinente fast zu schlagen aufgehört haben.
Man würde zweifellos erkennen, daß diese Städte sich in einem hoffnungslosen Zustand befinden, wenn es nicht die Hypothese des Ersatzes gäbe. Ein Jahrhundert, nachdem ihre hauptsächliche Entwicklung abflaute, atmen sie nur noch mit Schwierigkeiten und nur noch mit der Hilfe des Tourismus, diesem ätzenden Sauerstoff, der die urbanen Lungen zerstört, selbst wenn er den ökonomischen Pulsschlag am Leben erhält. Bereits vor dem Zweiten Weltkrieg ganz dem Tourismus geweiht, hat sich Florenz, die große italienische Kunst- und Kulturstadt, darum bemüht, um jeden Preis sein historisches Zentrum zu schützen, wodurch ein großräumiger Ring von Vorstädten ohne Infrastruktur entstand, die sie langsam zu Tode würgen. Die Kultur der architektonischen Antwort ist der Generalplan von Vittorini aus dem Jahr…