Joachim Riedl
Architektur & Design
Eine Plauderei mit dem amerikanischen Erfolgsautor Tom Wolfe über Ästhetik und Design als Ersatzreligion des 20. Jahrhunderts
Das Design des Seins – statt einer Einleitung eine Plauderei von Joachim Riedl mit dem amerikanischen Exzentriker, Reporter und Erfolgsautor Tom Wolfe (“Fegefeuer der Eitelkeit”):
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J. R.: Sie sind jemand, der häufig eingeladen wird, vieler Leute Wohnung kennt. Wie sieht das typische moderne Appartement in New York heute aus?
T. W.: Zuallererst fallen einem ungeheuer viele Säulen auf. Das ist wirklich ein wenig gefährlich. Da stehen so viele Säulen herum, daß die Leute fortwährend mit der Stirn dagegenknallen… Die wiederentdeckte Säule ist nämlich das wichtigste Symbol der Postmoderne. Mich erinnert das an einen Ausspruch von Herbert Reed aus den 30er Jahren. Er sagte: Warum hat jede sterbende Zivilisation eine gottverdammte Türsäule in ihrem Rücken als Stütze aufgepflanzt? Ich will damit nicht behaupten, dies wäre eine sterbende Zivilisation; die Postmoderne vielleicht, die mag im letzten Röcheln liegen. Weiter sind auch diese Farben typisch: Lachsrosa, dusty aqua und dann eine Art venezianisches Grün.
Welche Möbelstücke stehen herum? Sie haben einmal behauptet, der Stuhl, der geheiligte Wassily-Stuhl, sei hoffnungslos out.
Das stimmt, der Wassily sieht heute ziemlich veraltet aus. Statt dessen findet man diese ein bißchen lächerlichen, asymmetrischen Sitzmöbel – mir fallen die Namen der Designer, die sie entwerfen, gerade nicht ein…
… Die sind aber auch nicht unbedingt bequemer.
Aber nein, man kann darauf überhaupt nicht sitzen. Aber wenn man jung noch ist, muß man sich auch nicht so häufig niedersetzen. Das hat auch Frank Lloyd Wright gesagt;…