Antiker und Moderner Kosmopolitismus
Zwei Hochblüten des Kosmopolitismus ortet Peter Coulmas in seinem “Weltbürger”-Buch in der Antike und in der Renaissance, beides Zeiten des politischen, gesellschaftlichen und geistigen Umbruchs. Perioden, die aber auch durch starke Stimmungsunterschiede geprägt waren: Die Kosmopoliten der Antike lebten in ausgedehnten Reichen unter multinationalen und polyglotten Bedingungen, die Humanisten der Rensissance in kleinsten, miteinander rivalisierenden, sich mit Gewalt, List und Grausamkeit bekriegenden Fürstentümern und Stadtstaaten. Der antike Kosmopolitismus kam, so Coulmas, alm Abenddämmerschein einer zwar glanzvollen und interessanten, aber doch allmählich verlöschenden Kultur zur vollen Entfaltung; der Kosmopolitismus der Reneissance hingegen erwuchs im hellen Morgensonnenlicht eines zukunftsfrohen, aktivistischen, ja himmelstürmerischen, von Neugier innervierten Aufbruchzeitalters”.
Der antike Kosmopolitismus entstand als genuines Produkt der weiträumigen hellenistischen Welt der vielen Sprachen, Nationalitäten, Kulte und Philosophien, in der menschliche und geistige Toleranz der bunten Vielfalt des Bestehenden entsprach und die Akzeptierung des Fremden, auch des Absonderlichen zum guten Ton gehörten. Der Ausgleich der widerstreitenten Interessen, in der koiné Harmonia genannt, erfolgte durch Relativierung der Gegensätze ins Ästhetische und ihrer menschlichen Sublimierung in der Figur des um die Windstille der Seele bemühten Weisen.
Der moderne Kosmopolitismus hingegen war das kompensatorische und postulative Gegenbild zur damaligen italienischen Wirklichkeit; die freie weite Welt wurde der engräumigen-realen gegenübergestellt. Die neue Sicht der kosmopolitischen Intellektuellen (bestehend aus Professoren an kirchenunabhängigen Universitäten und hohen Schulen, Hauslehrern an Fürstenhöfen und bei reichen Bürgern, auch Beamten im Dienst der Herrschenden, Kanzlern, Sekretären, Rede- und Briefschreibern, Beratern), die einen eigenen Standort- mit einem gewagten Vergleich: als Ordenspriester im Dienste diesseitiger Gelehrsamkeit -…