Heinz Schütz
Anselm Stalder
»Druckspalter«
Kunst + Kommunikation, München, 30.4. – 25.6.1993
Die Entscheidung des Künstlers, als Maler oder als Bildhauer zu arbeiten, impliziert die Entscheidung für gattungspezifische Vorgaben, die der Künstler in seiner Arbeit permanent reproduziert. Der klassische Gattungsbezug wird in der radikalen und neuwilden Malerei der achtziger Jahren wieder virulent. Aber auch antiklassische Kunstgattungen – sie stehen in der Moderne häufig zuerst für Kunstrichtungen – wie etwa das minimalistische Objekt oder der konzeptualistische Text geben sich in freiwilliger Selbstbeschränkung durchaus puristisch. Neben dieser Kunst, die innerhalb fester Gattungsrahmen Entscheidun- gen trifft, gibt es Arbeiten jüngerer Künstler, die sich gleichsam querweltein bewegen. Dies geschieht, im Gegensatz zur Multimediakunst der sechziger und siebziger Jahre, ohne mediale Emphase und ohne programmatischen Anspruch auf Gattungsdurchdringung. Die Wahl des Materials, des Verfahrens und der Gattung – sei es Malerei, Fotografie, Text, Skulptur, Ready-made oder Installation – nehmen diese Künstler von Fall zu Fall immer wieder neu vor. Ihr Entscheidungsspekturm umfaßt fundamentale Oppositionen wie mimetisch oder antimimetisch, realistisch oder abstrakt, gestisch oder konstruktiv, ortsbezogen oder autonom. Im Spannungsfeld konkreter und konzeptueller Bezüge entfaltet ihre Kunst häufig eine Art konstruktiver Poesie. Denn wie konstruktive und konkrete Kunst achtet die “Querwelteinkunst” auf die materialen und formalen Bedingungen des gewählten Mediums. Gleichzeitg neigt sie dazu, diese Bedingungen konzeptualistisch und auch poetizistisch zu übersteigen. Dabei wird die gewählte Gattung nicht als endgültig bestimmt gedacht, sondern – experimentelle Ansätze des Avantgardismus fortsetzend – wird sie unter verschiedenen Aspekten untersucht, ausgereizt und umgedeutet.
Zum Typus des “Querwelteinkünstlers” gehört auch Anselm Stalder. In den…