Hans-Jürgen Hafner
Anselm Reyle:Ars Nova
»Auf der Überholspur«
Kunsthalle Zürich, 21.1.2006 – 26.3.2006
Komischerweise ist die Schau nicht wirklich brilliant. Obwohl eigentlich alles stimmt. Es passt genau, wie Anselm Reyle (Jg. 1970) die Register für seine ziemlich kokett mit “Ars Nova” betitelte Soloausstellung in der Züricher Kunsthalle zieht.
Der generös angelegte Parcours beginnt gleich mit einem Paukenschlag. Denn was da dem Eingang direkt gegenüber hängt, kennt man von anderswo her: die auf fast viermal zweieinhalb Meter hochgeblasenen “Les deux figures nues sur fond rouge” von Fernand Léger aus den frühen Zwanzigern. In der monumentalen Neufassung, die Reyle vorstellt, wird jedoch nicht nur das Format des Originals brutal auseinander gezerrt. Der blickdicht-rote Hintergrund, vor dem Léger seine puppenhaft stilisierten, metallisch wirkenden Figuren penibel darauf bedacht jedes zuviel seiner malerischen Handschrift zu unterdrücken in Szene gesetzt hatte, verflüchtigt sich bei Reyles Bild zu einer luftig auf den Träger aufgetragenen Schlierenmalerei, die zwischen Orange- und Pinktönen changiert und eine leicht erkennbare Differenz zwischen Neufassung und Original herstellt. Doch führt das Erkennen dieser Differenz irgendwohin, weiter? Wird Reyles Bild frei nach Légers Vorlage “…sur fond pink” irgendwie interessanter, eigener oder gar besser? Kann man von Aneignung sprechen oder Kommentar; oder ist’s schlicht egal?
Szenenwechsel. Zwei Räume weiter. Da findet sich ein in Punkto Geschmack super-fein ausbalanciertes Ensemble: eine Hard-Edge-mäßig gemachte Panoramasituation mit horizontalen Streifen bildet zusammen mit einer (hinter Plexiglaskasten kompakt verschlossenen) lila Folien-Faltung auf gleichfarbigem Leinwandgrund die Rahmung für eine reduziert-organische, abstrakte Skulptur. Auch diese Form glaubt man sofort wieder zu erkennen. Sie erinnert, gut übermannshoch,…