Anselm Reyle
Anselm Reyle produziert Gemälde, Materialbilder, Skulpturen und Objet-trouvé-Installationen, die er mehr oder weniger intensiven Überarbeitungen unterzieht. Sein großer Markt-Erfolg hat ihm nicht nur frühzeitig Aufmerksamkeit von Kollegen, Sammlern, Kritikern bis hinein in die großen Blätter beschert, sondern ihn kürzlich sogar zum literarischen Helden gemacht: In Rafael Horzons Berlin-Mitte-Roman „Das weisse Buch“ beschreibt ein Ich-Erzähler einen Atelierbesuch beim Künstler und das unbändige Staunen über dessen mächtigen Produktionsapparat: „Sicherlich hat Anselm irgendwo in dieser Fabrik einen Raum gemietet, wo er seine Bilder malt, dachte ich mir. […] Dann als ich genauer hinsah, blieb mir die Luft weg: all die Menschen, die in den fünf oder sechs Fabrikhallen standen, waren damit beschäftigt, bunte Streifen auf Leinwände zu kleben oder zu malen, mit Pinseln, Spachteln, Löffeln, in allen möglichen Farben und Techniken.“ (Horzon: Das Weisse Buch, Suhrkamp, Berlin 2010, S. 179)
Das Bestaunen der Reyleischen Produktionsmaschine gehört zu den Mustern, die die Wahrnehmung des Künstlers in der Öffentlichkeit zuverlässig begleiten. Er ist – neben Kollegen wie Tobias Rehberger oder Olafur Eliasson – einer der maßgeblichen Protagonisten bei der Anschiebung des (nach Koons) zweiten Warhol-Factory-Revivals: in seinem Fall kommt die organisierte Bohème jedoch als mittelständisches, schwäbisch-effizient geführtes Produktionsunternehmen daher.
Ein anderes Narrativ zurrt sich am Berlin-Momentum des Künstlers fest, der 1997/98 nach dem Studium an der Karlsruher Akademie in die Hauptstadt wechselte und dort neue Netzwerke knüpfte: gemeinsam mit John Bock, Dieter Detzner, Berta Fischer und Michel Majerus war er Mitbegründer einer Ateliergemeinschaft. Um die netzwerk-versessene Jahrhundertwende war er in den Betrieb der kooperativen Projekträume Andersen’s…