Hajo Schiff
Anselm Reyle
»Mystic Silver«
Deichtorhallen Hamburg, 9.11.2012 – 27.1.2013
Es könnte eine Qualitätswarnung sein: Das Kassenhäuschen dieser Ausstellung stammt aus dem Spreepark im Plänterwald, dem verlassenen und verwilderten Vergnügungspark in Berlin-Treptow. Dann geht es vorbei an sorgsam arrangiertem Abfall aus dem Groß-Atelier von Anselm Reyle und seinem Produktionsteam bevor hinter der ersten Raumtrennung in der hohen ehemaligen Markthalle die edel glänzende Kunst zur Wirkung kommt: Kunstvoll zerknautschte Silberfolie in metergroßen, farbig eingefärbten Acrylglaskästen in Magenta, Anthrazit und blau.
Dem Kunstmarktstar Anselm Reyle, seit 2009 auch Professor an der Hochschule für bildende Künste in Hamburg, geht es um den Zusammenhang und die gegenseitige Abspieglung von von High und Low. Wie das mit x-fachen Reflektionen funktioniert, zeigt gut „Eternity“, eine türkis-metallic glänzende Figuration aus der Serie der „Afrikanischen Skulpturen“. Vorbild für dieses Zwei-Meter-Monstrum sind einst von kolonialen Kunstlehrern angeregte kleine Seifenstein-Plastiken, bei denen afrikanische Kunsthandwerker für den Verkauf an Touristen die abstrakte Formensprache der späten europäischen Moderne zitieren. Reyle ließ diese Airport-Art von einem Industriebauer vergrößert nachbauen und in das traditionell noble Künstlermaterial Bronze gießen. Aber damit nicht genug. Ein industrieller Oberflächen-Veredler gab der Bronze dann den makellos spiegelnden farbigen Überzug. Dazu steht das Ganze noch auf einem Sockel, der wiederum mit Resopal verkleidet ist, das edles Holz imitiert. Und das hinter einem weißlackierten Zäunchen, das den nötigen Abstand garantiert. So viel Aufwand, so viel Fake, so viele Arbeitsschritte, die den vorherigen wieder auslöschen, das ist theoretisch schon beeindruckend. Und doch ist das kurze, staunende Lächeln, das diese Arbeit erzeugt, teuer erkauft. Es…