Anonyme Stifter
Der Deutsche Museumsbund diskutiert zur Zeit Pläne, nach denen in Zukunft Privatsammlungen nur noch dann in bundesdeutsche Museen übernommen werden sollen, wenn die Stifter sich bereit erklären, anonym zu bleiben.
Damit soll bestimmten Fehlentwicklungen der letzten Jahre gegengesteuert werden, die etwa dazu führten, daß einzelne Stifter ganze Museumskomplexe für sich reklamieren konnten, obwohl diese auch Stiftungen zahlreicher anderer Privatsammler beherbergten.
“Das Schlimmste sind aber die Geburtstage” stöhnte der Pressesprecher des Museumsbundes, Prof. Wernher Bratschmann, in einer Konferenzpause, ,,der eine Stifter will seine Sammlung an seinem Geburtstage eröffnet sehen, der andere ist schon tot, dafür kleckert seine Sammlung aber in Etappen ins Museum, weil die Witwe partout seiner gedenken lassen will, indem sie bei jeder runden Zahl wieder mit ein paar Klassikern winkt. Wir rennen dann rum, überreden irgendwelche Repräsentanten des öffentlichen Lebens, der Feier beizuwohnen, müssen aus dem Oberbürgermeister wieder einen Termin rauskneten, damit er die Schenkung offiziell annimmt, und uns dabei seine Rede anhören, die wir selber geschrieben haben, Sekt und ein Büffet müssen her, Blumen und all das Zeug, wir machen unbezahlte Überstunden als maîtres de plaisir, sie können sich nicht vorstellen, welche psychologische Feinkoordination uns da abverlangt wird!” Außerdem ist man im Museumsbund ohnehin der Meinung, am längeren Hebel zu sitzen. ,,Wo wollen die denn heute noch mit all den großen Formaten hin, da sind doch selbst die größten Villen ganz schnell voll,” war zu hören. Bevor ein endgültiger Beschluß in dieser Richtung gefaßt werden soll, will man Kontakt mit ausländischen Museumsvereinigungen aufnehmen, um über eine weltweite Anonymitätsklausel…