Renate Puvogel
Annette Messager
»comédie tragédie« 1971/1989«
Kunstverein, 4.3. – 16.4.1990
Grenoble – Bonn – La Roche sur-Yon – Düsseldorf
Annette Messager – Collectionneuse, Artiste, Femme pratique, Truqueuse, Colporteuse – mit diesen enthüllenden, fast selbstbezichtigenden Charakterisierungen gliedert die Künstlerin im Katalog ihr Werk zwischen 1973 und 1988; aber diese Kriterien vermischen sich, treffen immer alle gleichzeitig zu und lassen sich reichhaltig ergänzen: Annette Messager ist auch die Verführein, die Spielerin, die Phantastin, die Kupplerin, die Intrigantin, die Verschwenderin, die Zerstörerin und Erneuerin, die Tragödin und Komödiantin.
Die erste Retrospektive der in Paris lebenden 47jährigen Künstlerin führt ein überwältigendes Abenteuer vor aus Wort und Bild, Foto und Zeichnung, aus Liebe und Haß, Emotion und rationaler Durchdringung. Man wähnt, sich in den Netzen einer Geisterbeschwörerin, Wahrsagerin und Zauberin zu verfangen. All das, was hier als selbstentlarvend aufgerollt ist, trifft den Betrachter gleichermaßen mit der Kraft der Wahrheit, die noch in den absurdesten Übertreibungen zutage tritt.
Grundlage der meisten Arbeiten bildet das Foto. Die Fotografie, die von Anfang an dem Körper näher auf den Leib gerückt ist als die Malerei, kann voyeuristisch Körperteile herauspräparieren. Sinnes- und Sexualorgane sind, wieder und wieder repetiert, einzeln gerahmt und fetischartig zusammengehängt. Diese Trophäen baumeln wie erhängt an Bindfäden und fügen sich zu einem Oval, einem Herzen, einer Säule, lose und doch übersichtlich komponiert. Im Unterschied zu den ausufernden Zettel- und Objektensembles der Anna Oppermann etwa sind die Obsessionen der Annette Messager stets in der Form gebändigt.
Das war nicht immer so; die Chimären zu Anfang der 80er Jahre, düstere Collagen aus Fotos und Zeichnungen,…