Sabine Elsa Müller
Annette Kelm
»Staub«
Kölnischer Kunstverein, 7.11. – 21.12.2014
Eine neue Sachlichkeit hat sich in die Fotografie eingeschlichen. Nach den Überwältigungsorgien der Gurskys und Struths, dem Griff nach den Sternen eines Thomas Ruff und den schonungslosen Entblößungen der Subkultur der achtziger und neunziger Jahre von Nan Goldin oder Wolfgang Tillmans jetzt das: Sehr schlicht und unaufgeregt daherkommende Bilder von einfachen Dingen des täglichen Lebens. „Staub“, so der Titel der Schau mit knapp 30 mittleren Formaten im Kölnischen Kunstverein, klingt wahrhaftig nicht glamourös. Was also soll man von dieser Annette Kelm halten, geboren 1975 in Stuttgart, die schon seit einigen Jahren von sich reden macht und als eines der hoffnungsvollsten jungen Talente gehandelt wird?
Zunächst einmal: die Bilder sind zweifelsohne schön. Und subtil. Der Blick auf die Dinge ist klar, präzise ausgeleuchtet, von frappanter Präsenz. Aber es ist eine Distanz eingebaut, die wie mit einem Augenzwinkern darauf aufmerksam macht, dass es gar nicht wirklich um diese Blumen geht oder um diese Sammlung von bunten Baumwolltüchern mit Paisley-Bordüren, die aus den Kleidungs-Codes der 70er Jahren nicht wegzudenken sind und inzwischen ausgedient haben. Oder diese drei fast identischen Portraits einer jungen Dame, die im Schneidersitz vor einem braunen Packpapier-Hintergrund posiert und in der rechten Hand eine exotische Pflanze wie ein Zepter hält. Wird hier ein Herrscherbild aus der Kunstgeschichte nachgestellt? Hat der Aufdruck auf dem T-Shirt „I love Paris“, der sofort ins Auge sticht, etwas Bestimmtes zu bedeuten? Die Portraits von Annette Kelm wirken so unmissverständlich gestellt, dass man unwillkürlich nach der Botschaft dieser…