Anne Schneider
ANNE SCHNEIDER: Mit der Bezeichnung Skulptur ist meine erste Wahrnehmung von Bildhauerei, von dreidimensionaler Kunstgeschichte, kurzum sind die Anfänge unserer Kultur verknüpft und daher bezeichne ich auch meine Arbeiten als Skulpturen, auch wenn sie darüber hinausgehen bzw. streng genommen manchmal keine sind. Mit Skulptur verbinde ich hauptsächlich die Darstellung des menschlichen Körpers und da viele meiner Arbeiten auf diesen Bezug nehmen, hat sich diese Selbstverständlichkeit ergeben.
Sabine B. Vogel: Hast du Bildhauerei studiert?
An der Akademie in Wien habe ich bei Michelangelo Pistoletto studiert, mich hat die künstlerische Sprache der Arte Povera sehr berührt. Die anderen Bildhauereiklassen waren für mich mit zu viel Kunstwollen und Können und Krampf verbunden – auch wenn ich es heute differenzierter sehe und eine Position wie Bruno Gironcoli schätze. Während des Studiums bekam ich ein Stipendium nach New York. In den Straßen sah ich Menschen, die ihre wenigen Habseligkeiten verkauften, darunter auch Puppen, stark gebraucht, demoliert, die in all der Trostlosigkeit in die Welt grinsten. Ich kaufte sie für wenig Geld und begann, sie zu sezieren, zuerst die Haare geschnitten, um für die Umstülpung genügend Platz zu haben. Dann die Trennung des Kopfes vom Körper und anschließend habe ich den Innenraum nach Außen umgestülpt. Da sah man dann Spuren von industriellem Formenguss, PVC-Tropfen liefen über eingedrückte Wangen, Maschinennahtmuster der eingenähten Haare … Im Inneren fand ich eine komprimierte Landschaft aus Hauttönen, in denen sich Nasenrücken, Wölbungen von Mund, Wangen und Reste von Haar und Bemalung befand. Dieser Vorgang hat sicherlich eine gewisse Brutalität, aber darin liegt…