Berlin
Anna Daučíková
Abgründe des Alltäglichen
KW Institute for Contemporary Art, 07.06.– 18.08.2019
von Noemi Smolik
Eigentlich hätte Anna Daučíková längst bekannter sein müssen. 1950 in Bratislava, in der Slowakei geboren, studierte sie an der dortigen Kunsthochschule bei Václav Cígler, einem tschechischen Glaskünstler. Glas wird ab da zu ihrem bei heute häufigsten Arbeitsmaterial. 1979 geht sie wegen der Liebe nach Moskau, wo sie Kontakt zu der russischen lesbischen Szene aufnimmt, die in einer vorwiegend homophoben Atmosphäre sich behaupten muss.
Nach dem Zerfall der Sowjetunion kehrt sie nach Bratislava zurück, wo sie maßgeblich die lgbtq-Community des Landes prägt. Mit wachem Auge betrachtet sie aus der Position ihres queeren Selbstverständnisses den Transfomationsprozess. Denn wie sich zeigt, ging die gesellschaftliche und ökonomische Umstrukturierung nicht im selben Tempo mit der mentalen Umstrukturierung in den einzelnen Köpfen. Daher spricht Daučíková von „mentalen Körpern“. Sie sind es, die ob im Osten oder im Westen Europas ähnlich einer Glaswand unsichtbare gleichzeitig jedoch undurchlässige Barrieren bilden. „Dazwischensein“, Raum zwischen diesen Barrieren zu finden, das ist ihr Anliegen
Glaswände strukturieren auch ihre Ausstellung, zu der Daučíková als diesjährige Kunstpreisträgerin der Schering Stiftung in die „Kunstwerke“ eingeladen wurde. In ihrer schwarzweißen Foto serie, der man gleich beim Betreten der Ausstellung gegenübersteht, presst sie, in einem mit Kacheln ausgestatteten, klinisch wirkenden Raum, ihre Brüste, die so verformt werden, gegen eine Glasscheibe. Körper als Objekt der Abrichtung? Upbringing by Exercise ist der Titel dieser Serie von 1996.
Speziell für die Ausstellung hat Daučíková Expedition for Four Hands and Accompaniment produziert. Eine Dreikanalprojektion, die in der Mitte die Fahrt…