Matthias Reichelt
Anmerkungen zum Beginn des kurzen 20. Jahrhundert
Freiraum quartier21 INTERNATIONAL, MuseumsQuartier Wien, 3.6. – 16.8.2015
Der marxistische Historiker Eric Hobsbawn prägte den Terminus „das kurze Jahrhundert“, da er eine schematische Zeitkategorie für ungeeignet hielt, um eine Epoche zu definieren. Vom Beginn des Ersten Weltkriegs bis zur Auflösung des Ostblocks sah er eine prozessual zusammenhängende Epoche. Auswirkungen dieses kurzen Jahrhunderts prägen auch unsere Gegenwart und beschäftigen nicht nur Politik, sondern auch die Kunst. Die beiden Kuratoren der Ausstellung, Frank Eckhardt und Andrea Domesle, haben Arbeiten verschiedener internationaler Künstlerinnen und Künstler zusammengetragen und mit der Fragestellung verbunden, „inwieweit es zeitgenössischer Kunst zwischen Konstruktion, Referenz und Abbild möglich ist, das kulturelle Gedächtnis zu erweitern, zu korrigieren oder gar zu einer Wirklichkeitsfindung von Geschichte beizutragen“.
Den historischen Bogen bis in die Gegenwart spannt Martin Krenns Video „World’s End“ (2013) über die britische Militärbasis, die seit über hundert Jahren abgelegen in Nordirland existiert und von den Soldaten den Namen erhielt. Mit ruhigen Bildern und einer Erzählung aus dem Off wird die vielschichtige Historie der Topographie zwischen Militär- und Kolonialgeschichte erzählt. Das Areal liegt inmitten wunderschöner Landschaft, die bis heute für die Bevölkerung gesperrt ist, und letztlich auch als Trainingscamp für Afghanistan-Einsätze diente.
Beate Passow hat für ihr „Kleines Gedeck“ (2014) die Urschrift von Gottfried Benns Gedicht „Astern“ adaptiert und transformiert. Benn notierte 1936 das Gedicht auf einer aus Hannover stammenden Speisekarte der 1920er-Jahre, montierte ein Foto von sich in Uniform aus dem Ersten WK und sandte das Ganze an den Freund und Maler Richard Oelze. Benn…