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Ausstellungen: Wien · von Ursula Maria Probst · S. 352 - 353
Ausstellungen: Wien , 2009

Ursula Maria Probst
Anish Kapoor

»Shooting into the Corner«
Die Transformation der Zeit

MAK, Österreichisches Museum für angewandte Kunst, 21.1. – 19.4.2009

Wer die Ausstellungshalle im MAK anlässlich von Anish Kapoors skulpturaler Intervention „Shooting into the Corner“ betritt, erlebt im 20 Minutentakt, wie eine Kanone aus der Mitte des Raumes einzelne Geschosse mit rotem Wachs in eine der Raumecken schleudert. Ein gezielter Abschuss, dessen Geschwindigkeit von 50 km/h einen lautstarken Knalleffekt erzeugt. Ein Wachsklumpen bleibt an der Wand kleben, löst sich langsam und fällt zu Boden. „Shooting into the Corner“ (2008/09) von Anish Kapoor ist eine während der Öffnungszeiten wachsende Skulptur, ein nicht unspektakuläres skulpturales Ereignis, das bis zum Ende der Ausstellung auf nicht weniger als 20 Tonnen anschwellen wird. Die berüchtigten Eskalationen der Wiener Aktionisten animierten Anish Kapoor zu diesem „work in progress“. Die körperliche Penetranz, die das blutrote und aggressiv wirkende, schmierige Gemisch aus Wachs, Vaseline und Farbpigmenten suggeriert, weckt Assoziationen zu fleischlichen Innereien, hinterlässt massakerartige Spuren an den weißen Wänden und auf dem Boden dieses ansonsten sterilen White Cube. Es ist eine gegenüber den von Anish Kapoor ansonsten subtil anti-phallisch funktionierenden Skulpturen ungewöhnlich gewaltsame Inszenierung, die von archaischen Affekten durchdrungen wird und sich vom restlichen Raum durch Absperrbänder und Gitterzäune abschirmt.

Bereits in einer seiner frühen Installationen von 1977/78 verwendete Anish Kapoor in seinem Studio eine in die Ecke gerichtete Kanone, die allerdings funktionsuntauglich war. Der Titel für diese Rauminstallation lautete damals „Psychodrama”. Die physische Wucht der von Technikern in Gang gesetzten, mit Druckluftkompressor betriebenen Kanone in „Shooting…



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von Ursula Maria Probst

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