Max Glauner
Anicka Yi
»7,070,430K of Digital Spit«
Kunsthalle, Basel, 12.6. – 16.8.2015
Schon bevor der Besucher den letzten Ausstellungssaal in der Basler Kunsthalle betritt, hat er das durchdringende Geräusch im Ohr. Einmal in den geheimnisvoll erhellten Saal eingetreten, kann er seine Quelle rasch identifizieren. Ihn empfangen im Halbdunkel drei durchsichtige, ovale Plastikblasen von 3m Durchmesser und 1,5m Höhe und indem er ihren Inhalt genauer untersucht, auf Leuchtkästen verheißungsvoll exhibitionierte phallusartige Figuren, Gnome, gut einen halben Meter hoch, bunt, mit einer schrumpeligen Oberfläche, wird er auch der drei Gebläse-Motoren gewahr, die die drei Blasen über breite Schläuche ununterbrochen mit Luft versorgen.
Bis dahin hat der Besucher Anicka Yis Ausstellung „7.070.430K of Digital Spit“ schon einiges hinter sich. Ihm wurde glibberiges grünes Gel in Plexiglaskisten präsentiert („Shameplex“, 2015), Seifenobjekte (u.a. „Lung Condom“ 2015) und wuchernde Bakterienkulturen (u.a. „Embassy Row“, 2015), Geruchsproben aus Wäschetrommeln („The Last Diamond“, 2015) oder Kunstlederfetzen, die wie verbannte Haut über Chromgestänge drapiert wurden (Middle Earth Medical“, 2015). Hin und her gerissen von der zweifellosen Schönheit der Objekte, die doch im Kern als Abjekte zu bezeichnen sind, abstoßende, weil vergänglich- ungreifbare Wucherungen, Auswürfe der Natur, die sich der Gestaltung eigentlich entziehen. Dass sie dennoch in die Kunst Einzug halten können, hat bereits Eva Hesse mit vergänglichen Latexobjekten, Joseph Beuys mit Fettecken vorexerziert und Dieter Roth mit Schimmelbildern und Verfallsmonstranzen weiter kultiviert. Doch der Zauber der drei Arbeiten, ihre Anziehung und Abstoßung übertrifft alles bisher Gesehene, das nun mehr im Crescendo zu einem triumphalen Finale präludiert. Das penetrante Geräusch tritt rasch in…