Angie Hiesl und Roland Kaiser
DRESSING THE CITY UND MEIN KOPF IST EIN HEMD #02
Die Aktion der beiden Choreograf*innen und Performancekünstler*innen Angie Hiesl (*1954) und Roland Kaiser (*1958) wurde 2011 bereits mit jungen Performer*innen aufgeführt und nun im Sommer 2024 mit Akteur*innen, die zwischen 60 und 87 Jahre alt sind, neu inszeniert. Was blieb war die Bedeutung der Kleidung, die wie eine Vermittlerin zwischen dem Körper und dem Umfeld Beziehungen erzeugte, sich dehnte und spannte, mit Laternenpfählen und Post kästen bizarre Verbindungen einging, verhüllte, gestaltete und ganz neue skulpturale Gebilde aus Körper und Umraum erschuf. Fremde Wesen bevölkerten auf einmal den Stadtraum und – das war neu – waren dabei auch noch alt. Die Performer*innen vollzogen in nonchalanter Beiläufigkeit dieser Tatsache ihre Handlungen. In ihren Aktionen manifestierte sich ein unsichtbarer Widerstand gegen die Festschreibung von normierter Altersidentität und entlarvte dabei unwillkürlich einen latent immer vorhandenen Ageismus, der den alternden Körper normalerweise wie selbstverständlich aus öffentlichen Auftritten verdrängt. Rede- und Auftrittszeiten von Frauen ab 40 Jahren werden in der Kultur eingeschränkt, weil sie nicht mehr als schön gelten, das ist eine Tatsache – bei Männern verläuft die Dynamik umgekehrt. Dahingegen steckt in diesen eigenwilligen Bildern von DRESSING THE CITY UND MEIN KOPF IST EIN HEMD #02 Schönheit als Zeichen gelebten Lebens, in Gesichtszügen und Körperhaltungen, die nicht glatt, sondern ausdrucksvoll sind, die neue Perspektiven auf den Körper erlauben, weil sie die Vielfalt des Körpers als Bereicherung begreifen und ausstrahlen.
— Ann-Katrin Günzel