Ingo Arend
Andres Serrano
»Uncensored Photographs«
Musées royaux des Beaux-Arts, Brüssel, 18.3. – 21.8.2016
Solden / Derniers Jours“ – „Ausverkauf. Letzte Tage“. Wer will, kann dem Bild eines Obdachlosen in Brüssel einen surrealen Touch abgewinnen. Ein schwarzer Mann liegt schlafend auf einer Straße in Brüssel. Zugedeckt hat er sich mit einem riesigen Werbeplakat für den Schlussverkauf. Als der amerikanische Fotograf Serrano im Auftrag des Königlichen Museums für die Schönen Künste Bilder von Obdachlosen in der doppelten Hauptstadt machen wollte, fühlte er sich an René Magritte erinnert. So unwirklich erschien ihm die Szene. Als bloße Staffage für eine Hommage an die Stilrichtung schoss er diese Aufnahmen freilich nicht. Eher heben sie die verdrängten Schattenseiten einer Stadt ins Bewusstsein, die wie keine andere mit dem Ruf kämpfen muss, Ort der seelenlosen Politik einer Bürokratenelite zu sein, die das Leid der einfachen Menschen aus den Augen verloren hat: Armut, Obdachlosigkeit, Marginalisierung.
„Denizens of Brussels“ sind die jüngsten Bilder des 1950 in New York geborenen Künstlers. Mit ihnen knüpft der Sohn eines hondurianischen Immigranten und einer afrocubanischen Mutter an seine Serie „Residents of New York“ von 2014, ein Jahr zuvor, an. Damals war er auf Einladung der Organisation „More Art“ in Manhattan unterwegs. Diesmal im Auftrag des belgischen Museums. „Uncensored photographs“, der Titel der Ausstellung, ruft die Erinnerung an einen „Skandalkünstler“ auf. Als Serrano 1987 in New York sein bis heute umstrittenstes Werk „Piss Christ“ zeigte: Ein Kruzifix eingetaucht in dem Urin des Künstlers, fotografiert und mit Acrylfarbe übermalt, erreichten US-Senatoren, dass dem Künstler Stipendien der…