Rainer Unruh
Andreas Slominski
»Das Ü des Türhüters«
Deichtorhallen, Hamburg, 14.5. – 21.8.2016
Am Anfang ist die Ordnung. In zwei parallel angeordneten Reihen stehen die himmelblauen Häuschen Spalier und bilden ein Mittelschiff, das auf den Altar zuläuft. Sie sehen so neu und sauber aus, dass man zunächst an Umkleidekabinen denkt, wie man sie von Italiens Stränden kennt. Aber dann lenkt das Geräusch einer zuschlagenden Tür den Blick nach oben und man sieht an der rechten Wand ein rotierendes Gebilde („Big Ben“), das den Blick auf das Innere der Kunststoffbehälter freigibt. Danach ist kein Zweifel mehr möglich: die sakral anmutende Architektur in der nördlichen Deichtorhalle besteht aus hunderten von mobilen Toiletten.
Man könnte jetzt auf den Spuren von Georges Bataille allerlei frei flottierende Assoziationen über den Zusammenhang von dem Höchsten und dem Niedrigen aus dem Hirn herauspressen, von Spiritualität und Exkrementen. Doch das würde der Ausstellung nicht gerecht. Sie ist zunächst einmal ein Versuch, die gewaltige Fläche der nördlichen Deichtorhalle mit ihren 3800 Quadratmetern zu strukturieren: Blickachsen zu legen, Wege für das Sehen und das Gehen zu bahnen, Serialität und Minimalismus zu befragen, ihre gestalterische Kraft aufzunehmen, ohne ihre dogmatische Verfestigung zu übernehmen. Da steht zum Beispiel rechts vom Eingang eine dunkle Stahlskulptur. „12.000 Liter“ ist ein echter Slominski: ein aus elf schwarzen und einem blauen Behälter für Fäkalien zusammengesetzter Turm, der sowohl auf die vor den Deichtorhallen aufgestellte Serra-Skulptur „T.W.U.“ anspielt als auch auf die Kaaba in Mekka und nicht zuletzt auch auf Gregor Schneiders 2007 in Hamburg auf dem Platz vor…