Jutta Schenk-Sorge
Andrea Zittel
Andrea Rosen Gallery, New York, 10.9. – 16.10.1993
Der erste Eindruck ist disparat. In der Galerie als “Schauraum” bietet Andrea Zittel ihr Produktsortiment für menschliche Grundbedürfnisse an. Im Uhrzeigersinn: “A to Z Food Group” (Trockennahrung), “Chamber Pot”, zwei “Dining Table”, zwei Klimakabinen (beheizt bzw. gekühlt), “Cover” (Wolldecke, Mantel, Teppich, Tischtuch, Vorhang usw. in einem), “Purity Panels”, aufgehängt am “Rack for Temporary Chamber” (gewährt Instant privacy) und “Cleansing Chamber” (Allround-Naßzelle). Zittel betrachtet ihre funktionstüchtigen Prototypen als Skulpturen. Eines sind sie sicher: gegenständlich formulierte Fragen, Denkanstöße und Handlungsmodelle. Der festliche weiße “Designated Dining Table” verdeutlicht den Kern der Überlegungen. Seine Platte hat Öffnungen, um konusförmige Gefäße aufzunehmen, die sich anders nicht hinstellen lassen. Dazu die Werker-klärung:”No more eating in bed or on the run. The attractive table and silver plated bowls now make eating a special occasion.” Rückkehr zu bürgerlichen Essensritualen im Lande des Fastfood? Es geht um Grundsätzlicheres. Feste Regeln bedeuten Zwang, aber auch Gestaltung, sie können identitätsstiftende Strukturen schaffen. Freiheit kann dagegen auch Beliebigkeit und Einerlei bedeuten. Die Balance zwischen Freiheit und Zwang/Regeln/Sicherheit stellt Zittel zur Diskussion. Ebenso, ob Freiheit nicht in der Beschränkung, Gewinn im Verzicht liegt. Aktuelle Fragen, da der Boden fester Normen und Gewißheiten unter den Füßen immer mehr aufweicht und die derzeit auch im Kunstbereich so virulente Auseinandersetzung um “Identitäten” wie die Suche nach einem letzten Halt im Meer multikultureller Pluralität erscheint. Die New Yorkerin folgt der nicht ganz neuen Erkenntnis, daß Design, die Gestaltung der Umwelt, unser Verhalten konditioniert. Die 27jährige sieht sich…