Ralf Hanselle
André Kertész – Fotografien
»Die Spur der Dinge«
Martin-Gropius-Bau, Berlin, 11.6. – 11.9.2011
Es ist die teuerste Gabel der Welt. 688.000 Euro hätte vor zwei Jahren auf den Gallery Desk legen müssen, wer diese „Mona Lisa der Fotografie“ von der Art Basel direkt zu sich nachhause hätte mitnehmen wollen. 1928 hatte der aus Ungarn stammende Fotograf André Kertész dieses eigentlich unscheinbare Essutensil auf einem x-beliebigen Pariser Tellerrand vorgefunden. Seine verschwiegene und zurückhaltende Aufnahme von ihr ist zur Ikone geworden. Und so ist sie auch Berliner Martin-Gropius-Bau, wo derzeit eine große vom Jeu de Paume ausgerichtete Retrospektive zum Werk Kertészs zu sehen ist, präsent: In Form eines Kontakt-Abzugs, kaum größer als eine Briefmarke.
Diese Gabel ist Kertészs Meisterstück. Eine reduzierte Komposition aus Strenge und Licht. Ein Arrangement aus Alltäglichkeiten. Um die Noblesse dieses Bildes schien der Fotograf bereits gewusst zu haben, als er das Motiv ein Jahr später für eine Werbekampagne des Silberwahrenherstellers Bruckmann freigeben ließ: „Gute Geldanlage, Schmuck des Tisches“, lautete da der Slogan, mit dem das Besteckstück in deutschen Zeitschriften beworben wurde.
Eine gute Geldanlage wären zu diesem Zeitpunkt auch die Vintages des 1894 in Budapest als Sohn eines Buchhalters zur Welt gekommenen Kertész gewesen. 1922 aus seiner ungarischen Heimat nach Paris gekommen, stand der gelernte Banker damals noch weitgehend am Anfang seines fotografischen Schaffens. Während er sich in jenen Jahren mit Postkartenmotiven und kleinen Zeitschriftenaufträgen über Wasser hielt, sind seine Aufnahmen heute, 26 Jahre nach seinem Tod, kaum noch zu bezahlen. Umso erfreulicher ist es, dass die von Michel Frizot…