Anarchistische Funken in Kunstvereinen
Maurin Dietrich, Kunstverein München
Bei der Gründungsversammlung des Kunstverein München am 26. November 1823 sind 42 Künstler und damals so genannte Kunstfreunde anwesend. Am 31. Dezember 1823 erteilt Kaiser Maximilian I. Joseph die Genehmigung für den Verein. Ziel ist es wie bei so vielen Kunstvereinen, „Kunst-Erzeugnisse“ auszustellen und zu diskutieren. Zu jener Zeit gibt es in München „weder einen Ort noch einen Markt für junge Kunst“, wie Rüdiger Maaß für den Vorstand des Kunstvereins in seinem Beitrag zur Publikation „For Now. 200 Jahre Kunstverein München“ schreibt. Der junge Verein habe schon bald einen so großen Erfolg gehabt, dass 1825 „der Adel in Person des Kronprinzen Ludwig I. die ,Schirmherrschaft‘ über den Verein übernahm, um die junge Kunst nicht vollständig dem Bürgertum zu überlassen.“ Bis zu 6.000 Mitglieder werden verzeichnet, es sei ein „Vorreiter des Kunsthandels“ gewesen, bis sich gegen Ende des 19. Jahrhunderts „weitere Institutionen nach dem Vorbild des Kunstvereins und erste kommerzielle Galerien etablierten“1. Frauen allerdings dürfen erst ab 1829 ohne Stimmrecht und ab 1902 mit Stimmrecht Mitglied werden. Gelten Kunstvereine gemeinhin als Foren eines neuen, bürgerlichen Selbstverständnisses, so trifft auf den Kunstverein München lange nahezu das Gegenteil zu. Wie Christian Fuhrmeister in seinem Beitrag für die Jubiläumsschrift herausarbeitet, „kann man auch 100 Jahre nach der Gründung die Persistent einer feudalen Oberschicht aus Adel, Beamt*innen und Offizieren diagnostizieren, allerdings bei zunehmender Zahl von Großbürgern (Bankiers und Kaufleute) und Bildungsbürger*innen.“2 Fuhrmeister spricht von einem „dezidiert pro-monarchischen Kunstverein“ und charakterisiert das Haus in der Zwischenkriegszeit als „reaktionär“ mit…