Martin Blättner
Amie Siegel
»Part 2. Ricochet«
Kunstmuseum Stuttgart, 30.1. – 8.5.2016
Capri liegt in Stuttgart, das Kunstmuseum Stuttgart wird zur Dachterrasse der Villa Malaparte, zum wieder aufbereiteten Drehort des Jean-Luc Godard Films „Die Verachtung“. Die US-amerikanische Künstlerin Amie Siegel transformiert die Szenen einer Ehe auf das Parkett des Museumsraums, allerdings ohne Brigitte Bardot, dafür aber mit dem Surrogat einer Schauspielerin, die den Handlungsablauf exakt auf einem zweiten Monitor nachspielt. Der inhaltliche Kontext ist zunächst kryptisch verschachtelt und erschließt sich nicht auf Anhieb, sondern erst in der allmählichen Verfertigung der Gedanken beim Durchwandern der Ausstellungsräume.
Die erste Kammer ist dem italienischen Schriftsteller Alberto Moravia gewidmet, sozusagen dem Urheber des Ganzen. Der Roman „Il disprezzo“ (1954) diente als Vorlage für Godards Film. 34 gerahmte Papier-Arbeiten in englischer Übersetzung werden in puristischer Manier präsentiert, wobei nur Passagen hervorgehoben werden, bei denen die Protagonistin im Mittelpunkt steht. Die übrigen Stellen dieser „Body Scripts“-Serie sind feinsäuberlich mit blauer Gouache-Farbe überdeckt: Wohlgemerkt nicht mit schwarzer Farbe. Somit drängt sich auch nicht der Verdacht auf, Amie Siegel wolle auf Zensur anspielen. 1952 – zwei Jahre vor der Veröffentlichung des Buches – hatte der Vatikan Moravia wegen „Obszönität“ auf den Index gesetzt. Die monochromen Blöcke mit englischen Text und Farbfeldern verraten noch nichts über die eigentlichen Zusammenhänge, die sich erst noch offenbaren. Parallelen zu den Irrfahrten des Odysseus sind nicht gänzlich auszuschließen.
Die zweite Kammer gibt zumindest mit dem Stichwort der Diashow „Surrogates“ (2016) einen versteckten Hinweis auf einen Mosaikstein im Gesamt-Kontext. Gezeigt werden die Nahtstellen und Risse der ausgebesserten Skulpturen…