Amelie von Wulffen
Diese Freiheiten, die Malerei versprach
Eine Monographie von Katharina J. Cichosch
Zu sagen, dass in Amelie von Wulffens Ausstellungen eine ganze Menge passiere, wäre fast schon Untertreibung. Verrat und Geheimnis, Albtraum und reale Mikrodramen liegen dicht an dicht. Hier neonpink geschwängerte Jugendzimmerluft, ungebremst wachsende Fingernagelkrallen und düstere Holzstuben, dort Zombie- oder Kobold-Apokalypse im Alpenvorland vor dystopischem Abendhimmel.
Gerade, wenn es noch nicht ganz stimmt, ist es oft am besten, weil dann das Bild selbst als Thema hervortritt
Andernorts kann einem im finsteren Jugendzimmerbett, eingezwängt zwischen pflichtschuldig aufwartendem Klavier nebst Beichtstuhl, die Luft zum Atmen knapp werden. Man darf sich heimlich zu ersten Küssen treffen, als hässliches Entlein neben der schönen Katzenmama sitzen und die empfundene Scham und Schmach auf einem Daybed mit einem (freilich noch zu findenden) Psychoanalytiker besprechen. Unter der Liegefläche tut sich mit einem Schubladenzug schon der nächste Abgrund auf: Dort ruht, leidlich kaschiert, die alte Familienmalerei mit den gehissten Flaggen im Ort, das Hakenkreuz nur eben so nachträglich bearbeitet, dass es als Symbol in seiner liederlichen Unkenntlichmachung erkennbar bleibt. Es ist auch eine Heimsuchung der Bilder, die Amelie von Wulffen hier vollführt. Von den unzähligen Insekten und Fabelwesen, Jagdhäusern oder Obst-Balletttruppen wäre damit noch gar nicht gesprochen.
Dass man sich an irgendeiner Stelle plötzlich ein wenig unschlüssig wiederfinden könnte, hat neben den Themen und Motiven auch mit der Art und Weise zu tun, wie die Künstlerin diese präsentiert: Kriegsschinken-Malerei, Bauernschrankmalerei, Heimat- und Souvenirmalereien, vermeintlich Dilettantisches findet neben Hommagen an die großen Maler Einzug bei Amelie von Wulffen. Zwar ist…
