Amine Haase
Am Rande der Welten
»Le Bord des Mondes«
Palais de Tokyo, Paris, 18.2. – 17.5.2015
Wieder einmal scheint Saint Marcel, der allgegenwärtige Duchamp, Pate gestanden zu haben. Der Ausstellung „Le Bord des Mondes“ (Am Rande der Welten) im Pariser Palais de Tokyo stellt Hausherr Jean de Loisy in seinem Begleittext ein Zitat des Erfinders des ready-made aus dem Jahr 1913 voran: Peut-on faire des oeuvres qui ne soient pas „d‘art“? (Kann man Werke machen, die keine „Kunst“ sind?) Nicht, wenn man die „Werke“ im Kunst-Umfeld, in einem Museum, einer Galerie, auf einem Kunstmarkt zeigt, könnte man heute antworten – zumindest, wenn man den Duchamp-Interpretationen folgt, nach denen der Ort ausschlaggebend dafür ist, was als „Kunst“ bezeichnet werden soll. Nun hat sich seit Marcel Duchamp die Zahl solcher Orte vervielfältigt, und sie scheinen immer begieriger zu werden, alles zu verschlingen. Das Spiel, Zuckerstücke in einen Vogelkäfig zu sperren oder einen Flaschentrockner wie eine Skulptur aufzustellen, ist ernst geworden – nicht nur weil die Objekte in den heiligen Hallen der Kunst die höheren Weihen erhalten haben, sondern auch, und vor allem, weil die Preise heute wahrlich ehrfurchtgebietend sind. Aber fand nicht schon Joseph Beuys 1964 in einer Aktion: „Das Schweigen von Marcel Duchamp wird überbewertet“? Er bestand auf einem „erweiterten Kunstbegriff“, der sich auf das Handeln der Menschen und das Formen der Gesellschaft bezieht. So sollte die „soziale Plastik“ geformt werden, mit der Devise „Jeder Mensch ist ein Künstler“. Seine „Plastik“ war an keinen Ort gebunden, schon gar nicht ans Museum.
„Am Rande…