Michael Hübl
Am Rand und mittendrin
»Tabula Rasa«, Biel/Bienne, 26.5. – 29.9.1991
»Im Lärm der Stadt«, Hannover, 30.8. – 31.12.1991
Der Neumarktplatz in Biel liegt am Übergang von der Altstadt auf dem Burgberg zur später errichteten Bebauung im Tal. Das macht seine städtebauliche Bedeutung aus. Ansonsten bietet sich das zentrale Gelände als eine jener Architekturbrachen dar, wie man sie auch aus anderen Städten hinlänglich kennt: mehrstöckiger Ramsch an den Rändern, die Fläche selbst eine Mischung aus Parkplatz und Passantenwechsel. Neuerdings steht dort eine Skulptur. Eine Arbeit, mit der Vaclav Pozarek an bäuerliches Wirtschaftswesen und traditionelle Formen der Gestaltung erinnert, wobei er auch auf das unmittelbare urbane Umfeld Bezug nimmt. Aus rotbraun gebeiztem Holz ließ er ein wuchtiges Platzmöbel zimmern. Die rustikale Doppelkammer ist antithetisch aufgebaut: Eine Hälfte öffnet sich zum verschandelten Platz; sie wird markiert durch dicke senkrechte Balken, in die Zinken gesägt sind. Der andere, ebenfalls begehbare Teil ist dem Berg zugewandt und wie etliche historische Gebäude dort droben mit Schindeln verkleidet.
Die Assoziationsmöglichkeiten reichen von Alpenlandarchitektur über Totempfahlgruppe bis Warenlager. Aber man muß den Kontext sehen. Dann wirkt Pozareks Werk wie ein Almdudlerpissoir, denn es befindet sich in einer Reihe mit trist-faden Allerweltsgegenständen. Sie bilden eine Zeile, die wie folgt zu lesen ist: Haltestellenschild, Fahrkartenautomat, steinerne Sitzbank mit Werbefläche dahinter (Text: tess,tess, tess), Telefonhäuschen, Kunst, eine Kabine für Beamte der Verkehrspolizei. Irgendwo im Hintergrund hängt auf einem Geschäftshaus verblichen-schmutzig die Schweizerfahne.
Der Zufall wird hier zum sinnfälligen Zeichen. Leistet doch Vaclav Pozarek mit seiner Holzskulptur einen Beitrag zur Ausstellung “Tabula rasa”, die…