Ursula Stalder
Alphabet der Weltränder
URSULA STALDER (*1943 in Horw, lebt in Luzern): Zu Hause hat sie den Pilatus und als Panorama die Alpen vor Augen und den Gletschergarten vor der Haustür, aber lieber wendet sie sich den Meeresstränden zu, dem Rand Europas. Die Luzerner Künstlerin Ursula Stalder hat auf Kosten der Berge ihre Wahl für das Meer getroffen. Immer hat es schon diese zwei Blicke gegeben: in die Höhe und in die Weite. Stalder gehört damit zu denjenigen Menschen, von denen der französische Historiker Alain Corbin sagte, daß sie sich von den Küsten “Einblick in die Archive der Welt” versprechen.
Für sie ist das Meer voller Geschichten, die es in Form von Schwemmgut an den Küsten ablagert und ausbreitet. Diese Objekte, dieses Strandgut, das im wahrsten Sinn des Wortes gestrandet ist, das heißt an den Strand gespült wurde und seine letzte Station erreicht hat, sammelt Ursula Stalder mit Leidenschaft. 1993 war sie fast immer unterwegs. Biarritz, Cabourg, La Caleta, Corralejo, Cuxhaven und Gedesby hießen nur einige der 29 Strände zwischen Atlantik und Schwarzem Meer, die sie aufsuchte, um eine assoziationsreiche Geographie zu betreiben.
Daß ihre Kollektion das Ende der Warenzirkulation und -zivilisation dokumentiert und anschaulich macht, ist allerdings eine Idee, die Ursula Stalder entschieden von sich weist. Sie sieht es sanfter. Ihre Erklärung ist einfach und gerade: “Was die Gegenstände mir zeigen, ist meine Welt.” Die Fundobjekte und gesammelten Gegenstände sprechen “die Sprache meines Planeten”, sie bilden, nachdem sie ja am Strand aufgelesen wurden, ein “Alphabet unseres Kontinents”. 1994 stellt Stalder…