Alles neu benennen!
Unser Afro-Asien-Hispano-Amerika
Von Lucy R. Lippard
Es steht also heute so, daß eine ganze Nation von Menschen glaubt, ich sei ein “Nigger”, und ich glaube das nicht, und schon geht der Kampf los! Denn wenn ich nicht das Wesen bin, von dem man mir gesagt hat, ich sei es, dann bedeutet das, daß auch du nicht das bist, wofür du dich gehalten hast! Und das ist die Krise.
James Baldwin1
Gesellschaftliche Existenz ist auf Gedeih und Verderb von Namengebungen abhängig. Namengebungen und Etikettierungen sind zugleich die privatesten wie die öffentlichsten Worte im Leben eines Individuums oder einer Gruppe. Trotz ihres scheinbaren Beharrungsvermögens sind sie den Fährnissen persönlichen wie auch politischen Wandels ausgesetzt. Namengebung ist der aktive Modus für die Identität, der äußere Aspekt des Prozesses der Selbstdarstellung, unter Einbeziehung all der Umstände, durch sie sich ihren Weg kämpfen muß. Ein Mensch kann in einem gewissen Alter sarkastisch sagen: “Ich wurde als Farbiger geboren, bin aufgewachsen als Neger, wurde zum Schwarzen oder Afro-Amerikaner, und jetzt bin ich ein afrikanischer Amerikaner oder ein Mensch anderer Hautfarbe”,2 oder: “Ich wurde als Rothaut geboren, bin als Indianerin aufgewachsen, und jetzt bin ich eine Urbewohnerin Amerikas, eine Eingeborene, eine ‘Haut’ {‘skin’} oder Bürgerin einer indianischen Nation.”3 Jede dieser Bezeichnungen hatte und hat eine historische Bedeutung; jede wird entsprechend paternalistischer, parentaler oder persönlicher Erfahrung von außen oder innen angewandt. Jede hat ihre absurden Momente gehabt: “Ich bin eine Schwarze, aber gelb”, sagte sarkastisch eine junge Frau. Und wie die Kunsthistorikerin Judith Wilson ermüdet anmerkt, hat keine dieser…