Christos Joachimides:
Alles erfunden!
KUNSTFORUM: Herr Joachimides, Ihr Name ist mit dem ‘Zeitgeist’ verbunden. Haben Sie in Kassel neue-ste Variationen dieses Themas gefunden? Finden Sie, daß eine documenta die Aufgabe hat, Zeitgeist sichtbar werden zu lassen?
JOACHIMIDES: Ich glaube, daß jeder Leiter einer documenta die Freiheit und das Recht haben muß, eine Ausstellung so zu gestalten, daß sie seine Vorstellungen über die Kunst der Zeit repräsentiert. Allerdings muß sie zumindest auch eine Art Spiegelung, meinetwegen auch eine Teilspiegelung des tatsächlichen Geschehens sein. In Kassel habe ich eine sehr interessante Variante des Ausstellungsmachens gesehen, wo der Ausstellungsgestalter Kunst erfindet. Herr Schnecken-burger hat die große Leistung erbracht, aus sehr edlen Materialien – das habe ich bewundernd festgestellt: feinstes Holz, Edelstahl etc. – eine Art Disneyland der Künste, einen Luna-Park zu konstruieren. Eigene Kreativität ist natürlich etwas sehr Beglückendes, wenn jemand mit mehreren Millionen Mark praktisch seine Kunst erfindet, hat aber mit den Aufgaben einer documenta wenig zu tun.
KUNSTFORUM: Was wäre denn zu zeigen gewesen?
JOACHIMIDES: Sowohl in den Vereinigten Staaten wie in der Bundesrepublik gibt es eine Polyphonie von Stimmen, die durchaus zu einer documenta hätten gehören können. Man kann bestimmte Phänomene, die vielleicht überbewertet worden sind, ein wenig sieben und kritisch beleuchten. Aber: Man kann einfach nicht behaupten, daß in der Welt keine Malerei mehr existiert. Das ist eine lächerliche, groteske Behauptung.
KUNSTFORUM: ‘Zeitgeist’ hat ja damals Malerei sehr pointiert vorgeführt. Das ist einige Jahre her. Würden Sie selbst sagen, daß die Rolle der Malerei in den letzten Jahren im Gesamtzusammenhang der Kunst relativiert wurde.
JOACHIMIDES:…