ALINA SZAPOCZNIKOW
Menschliche Landschaften
Kunsthalle Baden-Baden 21.07. – 07.10.2018
von Kerstin Stremmel
Vor einem Jahr auf der Documenta 14 in Athen war es eine Skulptur aus Polyesterharz, Aschenbecher des Junggesellen, zu einer Schale gefügte Abgüsse von Kopfhälften mit sinnlichen Mündern, gefüllt mit realen Zigarettenstummeln und Streichhölzern, die ich nicht vergessen konnte. Fotos von Schädeln, mit denen Fußball gespielt wird, und makabre Erinnerungsstücke aus Kriegen fielen mir ein. Über die Künstlerin Alina Szapocznikow wusste ich nichts, aber die beiläufige Mischung aus Schönheit und Gewalt, konterkariert durch einen Titel, der auf lakonische Weise, das nicht immer geschmackvolle Verhalten von Junggesellen andeutet, überwältigte mich. Dabei gab es bereits im Brüsseler Wiels im Jahr 2011 und ein Jahr später im New Yorker Moma eine Retrospektive von Szapocznikow, nun endlich sind die Arbeiten der Bildhauerin auch in größerem Umfang in Deutschland zu sehen – in dem Land, dessen menschenverachtenden Irrsinn sie, die polnische Jüdin, in den Lagern von Auschwitz, Bergen-Belsen, Buchenwald und Theresienstadt überlebt hatte.
Ihre früheste Arbeit in der Ausstellung, Erste Liebe, stammt von 1954, ein aufrecht sitzendes, erwartungsvoll wirkendes Mädchen, eine vom französischen Modernismus beeinflusste, eher konventionelle Bronze, die auf ihre Aufenthalte in Paris verweist, wo Szapocznikow zunächst von 1947 bis 1951, und dann, nach einem längeren Aufenthalt in Warschau, ab 1963 gelebt hat. Zu dieser Zeit, also in den 60er Jahren, begann Szapocznikow mit Materialien wie Polyesterharz zu experimentieren, Teile vor allem ihres eigenen Körpers abzuformen und selbstbewusst zu bestimmen, wie voyeuristischen Blicken souverän zu begegnen sei. Ein schönes Beispiel aus dieser Phase ist das mehransichtige…