Jürgen Raap
Alice Stepanek
Steven Maslin
Galerie Johnen & Schöttle, Köln, 26.2. – 27.3.1993
Seit mehreren Jahren schaffen Alice Stepanek und Steven Maslin Gemeinschaftsbilder, zumeist Landschaften, deren Pinselduktus keinerlei Identifizierung des individuellen Beitrags zuläßt. Im Unterschied zur arbeitsteiligen Produktion in den altmeisterlichen Malerwerkstätten mit Spezialisten für Staffage, Hintergründen oder Faltenwurf erfolgt hier jedoch die Zusammenarbeit zur selben Zeit am selben Bild inclusive gegenseitiger Korrekturen. Damit soll einerseits die Isoliertheit des Individual-Künstlers in seinem Atelier-Alltag aufgebrochen werden, andererseits geht es aber auch um exakte Landschafts- und Naturbeobachtung: “Vier Augen sehen mehr als zwei.” Wie sich also beim stereoskopischen Sehen die Wahrnehmungen jedes einzelnen Auges zu einem Gesamtbild addieren, so ergänzen sich hier jeweilige unterschiedliche Blicke für Detailschärfe – das Endprodukt ist ein in höchstem Maße naturalistisches Gemälde.
Die Ausstellung besteht aus einer großformatigen Waldlandschaft und dreizehn kleineren quadratischen Arbeiten mit Baummotiven. Das Waldbild ist als harmonisch geschlossene Komposition angelegt mit farbperspektivischer Raumwirkung: Das Auge des Betrachters konzentriert sich auf eine dunkle Tannenschlucht, in deren Umgebung Licht durch das Laub bricht. Der Bildaufbau rekurriert auf narrative Momente, auf die Stepanek/Maslin bei den anderen ausgestellten Arbeiten allerdings konsequent verzichten: Dort werden lediglich Ausschnitte aus einem Blickfeld geboten, Wipfel und Stämme der Bäume ausgespart.
Jene dreizehn Bilder entstanden im Laufe eines Jahres “vor Ort” als Erfassung des Jahreszeitenzyklus: kahles Geäst im Winter, erste zarte Frühlingsknospen, üppige Kirschblüten, sattes Maigrün, schließlich rötlich-bunte Herbstfärbung. Einer allzu offensichtlichen kunstgeschichtlichen Anlehnung an die seit dem Spätmittelalter üblichen Monatsbilder (s. Brueghel) wich das Duo auf banale Weise aus: Im Juni entstanden zwei Bilder, weil…