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Relektüren · von Rainer Metzger · S. 346 - 347
Relektüren , 2016

Rainer Metzger: Relektüren

Folge 38

Aleida Assmann, Erinnerungsräume. Die Kunst … erinnert die Kultur daran, daß sie sich nicht mehr erinnert“: Es sind die einschlägigen Gewährsleute der Ars Memoriae der Achtziger, Anselm Kiefer, Anne und Patick Poirier, Christian Boltanski, die Aleida Assmann aufbietet, um ihre griffige These zu illustrieren. In ausführlicherer Formulierung liest sie sich so: „Die Kunst unterstreicht insbesondere die Materialität, die Dinghaftigkeit, an die sich das Gedächtnis klammert im Zeichen einer ubiquitären Immaterialisierung aller Daten. In einer Kultur, die sich ihrer Vergangenheit nicht erinnert und auch ihre Erinnerungslosigkeit vergessen hat, nehmen sich die Künstler verstärkt des Gedächtnisses an, indem sie die verlorenen Funktionen durch ästhetische Simulationen sichtbar machen“ (S. 371 – diese Stelle wie alle anderen auch zitiert nach der vierten, durchgesehenen Auflage München: Beck 2009).

So hat man es natürlich gern im Kunstbetrieb, und die Diagnose kommt daher, als fände sie sich in einem Katalogtext. Da wird ein gesellschaftliches Defizit dingfest gemacht, da wird die Kultur im Großen und Ganzen einer Unterlassungssünde bezichtigt, aber es gibt ja die Abteilung fürs Wahre, Gute, Schöne, die Kunst, die alles wieder ins Lot bringt. Während sich Tempo, Betrieb und Tamtam der Vergangenheit entledigen, stemmt sich ein kleines Refugium, das sich ausgerechnet der Gegenwart verschrieben hat, mit Installation und Site Specifity dem Lauf der Zeit entgegen. Es ist zu schön, um wahr zu sein: So deutlich wie in diesen Dikta diente die Kunst selten der Kompensation.

Der Ausflug zu den Requisiten des Ausstellerischen, „Buch und Bibliothek, aber auch Stadtpläne, Grundrisse und Relikte“ (S. 371),…

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