ALDO MOZZINI
PROTHETISCHE MATRIX AUS SPERRMÜLL
VON VOLKER SCHUNCK
Ein erster streifender Blick auf die Skulpturen und Bildobjekte des Schweizer Künstlers Aldo Mozzini (geboren 1956 in Locarno, lebt in Zürich) entgeht kaum einer irritierenden Erfahrung, die sich auch bei wiederholter Wahrnehmung einstellt. Das vorschnell zugeordnete Möbel-Ding aus Sperrholz und Sperrmüll entzieht sich in Schieflage und Verkantung. Spottend jeder Vorstellung von schöner Wohnen, verharrt es in partiellen und fragmentierten Funktionen von Gebrauch. Die angedeutete Benutzbarkeit wird zur Falle für empirische Erfahrung, für den designten Blick, für das klassische Kredo der “guten Form”. Seine Skulpturen aus Teilen demontierter Altmöbel beziehen ihr provozierendes Potential aus der Distanznahme zur scheinbaren Vertrautheit der uns umgebenden Dinge und Räume. Mozzinis Tische und Schränke, Container, Kisten, Kanzel, Fensterrahmen, entlassen aus Gebrauch und Funktionalität, sind Anti-Möbel, Ready Mades und Artefakte zugleich, die den architektonischen Raum ebenso transformieren wie den der Wahrnehmung und Reflexion.
ROH UND WEISS ALS GESTEN
Rohe Schalungsbretter, laminierte Spanplatten, beschichtete und unbeschichtete Regale, ehemalige Tischplatten, Elemente billiger, serieller Möbel fügt er zu vertrackten Gebilden, in denen sich Funktion und Funktionslosigkeit, Vergangenes und Gegenwärtiges überkreuzen. Mit Möbeln teilen seine Skulpturen nicht nur Materialien und Texturen, ebenso ihre auf den menschlichen Körper, auf Wohnräume bezogene Dimensionen.
Zwei mit Sperrholzbrettern übernagelte Balken sind in leichter Schrägstellung wie eine Leiter an die Wand gestellt. Die krud zusammengezimmerte Holzkonstruktion konnotiert in ihrer Ambivalenz von Leichenbahre und menschlichen Gliedmassen Tabu und Tod, Gewissheit und Ungewissheit, Zeit und Zeitlichkeit.
Der verwischte Weißauftrag der Dispersion erscheint wie ein Gestus des Auslöschens, als Farbe eines Nicht-Mehr. Doch das Weiß reflektiert…