Alchemie aus Bild und Wort
Grafikdesign
Der Grafikdesigner Neville Brody gilt in seiner Zunft als der Guru der 80er Jahre. In “Neugierig: Das Buch über deutsches Grafikdesign” konstatiert er die Krise seiner Disziplin in den 90er Jahren wegen des Mediums Internet, das mit dem Electronic publishing zwar viele Jobs ermöglichte, aber nur der Multiplizierung bereits bekannter medialer Muster aus Buch und Magazin dient; dies zeigt sich vor allem in der mimetischen Angleichung der Useroberflächen an diese alten Medien. Er fordert statt dessen eine Befreiung von diesen Klischees. Der Musik- und Kunsttheoretiker Diedrich Diederichsen zieht im selben Buch darüber hinaus als einziger Autor die scharfen Schlüsse aus den Wandlungen der kommerziellen Auftragsgrafik: GestalterInnen von kleinen Musiklabels, die z.T. mit dem selben Gerät Musik machen, das sie auch zum Layouten ihrer Cover nutzen, entwickeln eigene, minimalistische Grafikcodes, mit deren Hilfe sie mit wenigen Eingeweihten interagieren. Diese Art von grafischer Gestaltung folgt zwar der Utopie von Anfang des Jahrhunderts, eine bestimmte Aussage lesbar zu machen. Sie widerspricht aber dem Paradigma, wie es von der russischen Avantgarde, beispielsweise El Lissitzky, und auch vom Bauhaus entwickelt wurde: Zeichensprachen und Grafik, die für ein breites Publikum verständlich sein sollten. Im weiten Feld der Gebrauchsgrafik scheint diese alte Form-Inhalt-Dichotomie bis heute bestimmend, wenn der Chefredakteur und der Grafikdesigner der Zeitschrift “Die Woche” den Erfolg ihrer Kommunikation mit dem Publikum rein im Verkauf ihres Produkts sehen (S. 14-17).
Dass Brody, am Ende seines Texts für die Intuition und das Engagement für die Unterprivilegierten dieser Erde plädiert, könnte als Übergang zu David…