Paolo Bianchi
Alba D’Urbano & Dagmar Varady
»wissen – ein Werkdialog«
Kunstverein Ludwigshafen, 20.4 – 30.6.2013; Galerie semina rerum Irène Preiswerk, Zürich, 8.3. – 12.4.2014
In der Erzählung „Die Bibliothek von Babel“ (1941) von Jorge Luis Borges erscheint die Welt als ein unendliches System von Bibliothekslabyrinthen: „Man erzählt von einer fieberhaften Bibliothek, wo sich zufällige Bände in einer ewigen Patience in andere Bücher verwandeln, alles durcheinander bringen und alles verneinen, was eben behauptet wurde, wie eine wahnsinnige Gottheit.“ Eine Patience (frz. für Geduld) ist ein Kartenspiel, das meist von einer Person gespielt wird, deshalb werden diese Spiele im Amerikanischen als Solitaire bezeichnet. Es gibt aber auch Zweierpatiencen wie die Zank-Patience, auch Streit-Patience oder Schikanös-Patience genannt. In der als Werkdialog gestalteten ortsspezifischen Konzeptausstellung „wissen“ der beiden Künstlerinnen Alba D’Urbano (*1955, lebt in Leipzig) und Dagmar Varady (*1963, lebt in Halle/S.) ist der Versuch einer explorativen Welterschließung angelegt, die sich mit Geduld und Konsequenz auf den lokal gefärbten Fundus der Stadtbibliothek Ludwigshafen eingelassen hat.
Aus dem produktiv-dialogischen Doppelblick ist weniger eine „wahnsinnige Gottheit“, sondern vielmehr eine welthaltige Textur entstanden, die ein umfängliches Quantum an Wissen gewinnt. Dies geschieht in der Kombination aus Exponaten des ausgemusterten Inventars der Stadtbibliothek und den eigenen parallel hierzu ausgestellten Werken im Kunstverein. Diese Parallelaktion wirkt belebend auf die nötige Sinnlichkeit, um die babylonische Vielfalt der Gegenwart zu erkennen. Die Ausstellung mit dem einfach klaren Titel „wissen“ erhebt nicht den Anspruch, eine vollständige Wissenserschließung zu repräsentieren. Es geht mehr um die Absicht, eine sinnlichkeitsnahe Reflexion anzustiften zwischen der thematischen Wahlverwandtschaft von…