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Nachrichtenforum: Aktionen und Projekte · von Jürgen Raap · S. 332
Nachrichtenforum: Aktionen und Projekte ,

Aktionen und Projekte

Berlin: Klanginstallation am Humboldtforum

Der Künstler Emeka Ogboh hat auf der Dachterrasse des Berliner Humboldt Forums eine Klanginstallation mit dem Titel „Der Kosmos – Things Fall Apart“ realisiert. Sie besteht aus Aufnahmen von zwölf Gesangsstimmen mit der Neuinterpretation eines traditionellen Lieds des Igbo-Volkes in Nigeria sowie Zeilen aus dem Roman „Alles zerfällt“ von Chinua Achebe. In dem Roman geht es um die Auswirkung der Kolonialgeschichte auf das Igbo-Volk. „Die Installation lenkt den Blick des Publikums auf die Inschrift und das Kreuz der Kuppel als Emblem der spirituellen Kolonisierung“, erklärt Ogboh dazu. Ogboh setzt dem Kuppelkreuz des Humboldt Forums und der Inschrift das „volkstümliche Lied und den Gesang“ als eine Metapher dafür entgegen, „was geschieht, wenn der kosmische Anker der Menschen, ihr Zugang zum Übernatürlichen, verletzt und durch eine fremde geistige Kraft ersetzt wird“. www.humboldtforum.org

100 Eichen für Köln

Die Kölner CULTOPIA-Stiftung initiiert zusammen mit dem Verein „Kunst hilft geben“ und dem Don Bosco-Club eine Baumpflanzaktion „100 Jahre Joseph Beuys: 100 Eichen für Köln“ im Stadtteil Bilderstöcken. Mit den Spenden von 110 Baumpaten wird die Autobahnböschung für das Stadtklima neu aufgeforstet. Gleichzeitig unterstützen die Spenden außerdem Obdachlose in Köln. Doch auch nach dem Ende des Beuys-Jahres soll die Aktion weiterlaufen: „Diese Benefizaktion würden wir gerne fortsetzen und verlängern, und noch mehr Eichen für’s Kölner Klima pflanzen und gleichzeitig etwas für die Winterhilfe für Obdachlose in Köln tun“, erklärt CULTOPIA-Vorstand Dirk Kästel dazu. www.cultopia-stiftung.koeln

Europäischer Monat der Fotografie: Jubiläum

Alle zwei Jahre präsentiert Kulturprojekte Berlin mit dem European Month of Photography (EMOP) ein Fotofestival mit mehr als 100 Ausstellungen. Der EMOP Berlin ist Mitglied des EMOP, ein europäisches Gemeinschaftsprojekt, dem derzeit auch die Fotofestivals in Lissabon, Luxemburg, Paris und Wien angehören. Im kommenden Jahr feiert die Berliner Veranstaltung ihr Jubiläum mit 10 Ausgaben in 20 Jahren. Als Termin ist der Zeitraum 2. bis 31. März 2023 angekündigt. Die kuratorische Leitung übernimmt Maren Lübbke-Tidow. www.kulturpojekte.berlin

Diagonale in Graz

Vom 5. bis zum 10. April 2022 wird in Graz die 25. Diagonale ausgerichtet. Das Festival des österreichischen Films ist zum Jubiläum als Präsenzveranstaltung geplant. „Im Rahmen der Diagonale vergeben internationale Jurys Österreichs höchstdotierte Filmpreise. Im Zentrum des vielschichtigen Programms steht der Filmwettbewerb. Mit einem Mix aus etablierten und neuen Namen bietet er die Gelegenheit, unerwartete Entdeckungen zu machen und sich von der Vielfalt und Lebendigkeit der heimischen Filmlandschaft ein Bild zu verschaffen. 2022 widmet sich das Programmformat dem international preisgekrönten Duo Tizza Covi und Rainer Frimmel… Parallel zur Diagonale ’22 zeigt die Camera Austria vom 18. März bis 22. Mai eine umfangreiche Fotoausstellung” zu Covi und Frimmel. www.diagonale.at

Lichtskulptur der Gebrüder Löbbert in Bonn

Zum 30-jährigen Jubiläum des Kunstmuseums Bonn an der Museumsmeile bespielten Maik und Dirk Löbbert den Außenraum des Museums mit ihrer Lichtskulptur „grünes Licht“. Dafür hatten sie in einer mehrtägigen Aktion die weit über 100 Downlights im Außenbereich des Hauses mit grünen Folien unterlegt. Mit diesem Eingriff wurde aus einer Außenbeleuchtung ein magisches Lichtereignis, „das nunmehr vor allem das Gebäude selbst in den Mittelpunkt stellt, und in seinem grün schimmernden Lichtkleid die weithin gerühmte Architektur von Axel Schultes neu erlebbar macht. Bereits seit Mitte der 1980er Jahre arbeiten Maik und Dirk Löbbert in ihren oft architekturbezogenen Arbeiten daran, mit möglichst minimalen Mitteln unsere alltägliche Wahrnehmung herauszufordern.“ www.kunstmuseum-bonn.de

Bregenzer Festspiele mit Opernatelier

Nebem dem umfangreichen Spielplan der Bregenzer Festspiele der noch bis zum 20. Juli 2022 läuft, entwickelte das Kunsthaus Bregenz ein „Opernatelier“ zur Frage, wie Oper im 21. Jahrhundert aussehen könne, ein „Raum für gemeinsame Ideen, Erkundungen und Gedanken, die zu einer Uraufführung auf der Werkstattbühne führen sollen. Das Publikum ist eingeladen, diesen Prozess über mehrere Jahre zu begleiten.“ Für das neue Opernatelier begeben die belgisch-irische Komponistin Éna Brennan, der portugiesische Künstler Hugo Canoilas sowie der britische Regisseur und Intendant David Pountney auf die Reise. www.bregenzerfestspiele.com

Salzburg: Suppe als Kunstprojekt

Die Herstellung einer Knochenbrühe für die Caritas Salzburg beruht auf einer Idee und einem Rezept des Künstlers Hans Schabus und wurde als Projekt im Rahmen der Ausstellung „Out of the Box: Gordon Matta-Clark“ von der Generali Foundation am Museum der Moderne Salzburg durchgeführt. In den Winterwochen diente die Kunst-Suppe einem guten Zweck: Das Salzburger „arthotel Blaue Gans“ kochte diese Suppe nach dem Schabus-Rezept und überließ sie unentgeltlich „dem Caritas verband der Erzdiözese Salzburg zur Abgabe an Bedürftige“. Für Hotelier und Küchenchef Andreas Gfrerer ist dies eine „Kunst, die wärmt, Kunst, die aus dem Museum rausgeht zu den Leuten und dabei unmittelbare Hilfe gibt.“

München: Kunstinsel am Lenbachplatz

„This land was made for you and me“ aus dem Song „This Land Is Your Land“ von Woody Guthrie (1940) ist Leitmotiv für ein Projekt mit Kunst im öffentlichen Raum Münchens. Dort hat die Künstlerin Stefanie Unruh den Lenbachplatz mittels 5 × 5 m großen Digitaldrucken auf Plakatständern bis Mitte Februar 2022 in eine temporäre Kunstinsel verwandelt. Das Projekt „thematisiert die Entwicklung unseres Stadtund Lebensraums sowie die damit einhergehenden sozialen Verwerfungen. Endlos in den Himmel wachsende Baustellenlandschaften in Grautönen: Kräne – Sinnbild für Prozess und Konstruktion – zeugen von Gentrifizierung und Verdichtung des Lebensraums. Ein Schlafsack fliegt ins Universum – lebensnotwendiges Utensil unzähliger Wohnungsloser, verbunden mit häufig vergeblichen Träumen von einer besseren Welt.“ www.stefanie-unruh.de

Kanzelkultur Frankfurter Hauptschule im neuen Aachener Kunstverein

„kANzelKuLTuR“ nennt „die Künstlergruppe Frankfurter Hauptschule ihre erste Einzelausstellung“ im Neuen Aachener Kunstverein bis zum 12. März 2022. Die Gruppe behandelt den zunehmenden Rechtsruck, das undifferenzierte Vermengen von Esoterik, Verschwörungstheorien mit rechter Bewegung und sie beobachtet, dass zeitgleich Künstler*innen einem Romantisieren, Mystifizieren und unreflektierten Historisieren zuneigen. Die Ausstellung bietet reichlich Diskussionsstoff, nicht zuletzt darüber, wie weit cancel culture gehen darf und soll. Der Außenraum ist provokant mit einbezogen mit einem Traumfänger in Gestalt einer Schwarzen Sonne (Titel „Osten ist rechts“) im Denkmal für den Monarchen-Kongress 1818 und mit hakenkreuzähnlichen Batikfahnen. Über letztere haben sich Wochenend-Demonstranten bereits lautstark empört. Ein Grund mehr für die Sorge der Frankfurter Hauptschule, Deutschland sei in zehn Jahren wieder faschistisch, verbunden mit dem Versprechen: der Käufer eines Kunstwerks erhält sein Geld zurück, sollte sich ihre Befürchtung nicht bewahrheiten. Erschreckend: Nach Protesten aus der Bevölkerung hatte das Ordnungsamt den Traumfänger im Kongressdenkmal, das von den Nazis verwendete Symbol der Schwarzen Sonne, abhängen lassen, obgleich vom Gebäudemanagement zuvor genehmigt. Trotz der erneuerten Zusage der Stadt Aachen wird der Direktor des NAK Maurice Funken die schwarze Styropor-Sonne vorerst nicht wieder installieren. www.neueraachenerkunstverein.de

„(Un)Posing Island“: Virtuelle Performance-Kunst

„(Un)Posing“, ein MultiMedia-Performance-Experiment der Performance-Künstlerin KarinsMedia alias Karin Schedlbauer, arbeitet mit minimal-theatralen Mitteln. KarinsMedia hat eine „virtuelle paradiesische Inselgruppe mit Galerie, Figuren-Kabinett, einem Raum der Stille, einer Hall of Fame und einem großen Bewegungsradius für virtuelle Besucher – mit Sicherheitsabstand und doch hautnah und mittendrin“ geschaffen. Im Rahmen von 15-minütigen Live- und Videoperformances möchte die Künstlerin Realität und Illusion in beiden Dimensionen medienkritisch beleuchten. „Die Versuchsanordnung von KarinsMedia diskutiert mögliche Erweiterungen von Rollenzuschreibungen und bleibt dabei bewusst slow: Dasein vs. Posing. Das stille Stehen als höchstreduziertes performatives Mittel: Das Ruhen in der körperlichen Form. (Un)Posing begreift das Bewusstsein als Organisationsprinzip, als Intelligenz hinter der Entstehung jeglicher Form.“ www.KarinsMedia.com

Christoph Büchel verwandelt sein Werk in Diamanten

Der Schweizer Künstler Christoph Büchel komprimiert sein gesamtes verfügbares künstlerisches Werk zu einer Sammlung im Labor gezüchteter Diamanten. Die Aktion umfasst „seine frühen Jugendwerke sowie alle zukünftigen Arbeiten, die während der Zeit ihrer Ausstellung unverkauft bleiben. Als ungeschliffene Unikate repräsentieren die im Labor gewachsenen Diamanten die ,verschwundenen‘ Kunstwerke nicht nur, sondern ersetzen die Werke auch, aus denen sie entstanden sind. ,The Diamond Maker – The Estate‘, ein ,work in progress‘, wurde im Jahre 2020 begonnen und wird als Gesamtkunstwerk erst mit dem Tod Christoph Büchels beendet sein.“

Kunstaktion mit Plastikmüll im Meer

Der Künstler Herr Clair Bötschi lässt in Indonesien eine Tonne Plastikmüll „aus dem Meer holen oder hineinwerfen“. Was mit dem Müll konkret geschieht, entscheiden diejenigen, die eines der tausend Zertifikate für 1 kg Plastik erworben haben: Dabei versucht ein Algorithmus den Markt mit Hilfe des Preises immer wieder auszugleichen. Je mehr Menschen sich für das eine entscheiden, umso billiger wird die gegensätzliche Handlung. Der Künstler begreift das Vorgehen als eine „Soziale Plastik“ im Beuys’schen Sinne, „welche die individuellen Entscheidungen auf einem freien Markt untersucht und wie die Faktoren Moral und Preis diesen beeinflussen. Tiefgehender fragt der Künstler sich, ob die Schaffung von künstlichen Märkten, wie der des CO2 Zertifikats handels, wirklich zur Lösung der Herausforderungen des Klimawandels beitragen können“.