DIE TOTEN KOMMEN
Organisiert ist die 70köpfige Berliner Menschenrechts- und Aktionskünstlergruppe wie eine Regierung: Nina van Bergen tritt als „informelle Bundeskanzlerin“ auf, Stefan Pelzer ist „Eskalationsbeauftragter“. Schlagzeilen machte das Berliner Zentrum für Politische Schönheit im vergangen Jahr, als die Gruppe um den Theaterregisseur Philipp Ruch zum 25. Jahrestag des Mauerfalls die Mauerkreuze aus dem Regierungsviertel an die europäischen Außengrenzen entführte. Dort habe die „Festung Europa“ eine neue Mauer errichtet. Für die aktuelle Aktion recherchierte das Zentrum nun an den Außengrenzen der EU auf italienischen Inseln, im griechischen Hinterland und in zwei nordafrikanischen Staaten. Tausende von Flüchtlingen sind in den letzten Monaten im Mittelmeer ertrunken, doch was kaum jemand weiß: „An den Außengrenzen werden Leichen verscharrt, monatelang in Kühlhäusern gelagert, vergessen und in anonyme Massengräber gestapelt“, hat die Initiative beobachtet. Daher überführt das Zentrum für Politische Schönheit jetzt „tote Einwanderer Europas nach Deutschland. Gemeinsam mit den Angehörigen der Opfer hat das Künstlerkollektiv unwürdige Grabstätten geöffnet und die Toten von der Peripherie ins Zentrum Europas gefahren. Die Opfer der Abschottungspolitik werden im mächtigsten Mitgliedsstaat der EU vor den Augen der europäischen Öffentlichkeit menschenwürdig bestattet.“ Die spektakuläre Aktion „Die Toten kommen“ wird allerdings kontrovers diskutiert : Volker Beck z.B., Bundestagsabgeordneter der Grünen, findet die Überführung von Flüchtlingsleichen nach Berlin „befremdlich und pietätlos“. Elke Buhr kommentierte in der Kunstzeitschrift „Monopol“, die „selbstgefällige Rhetorik“ der Gruppe sei „irritierend“, denn sie ginge „mit dem Holzhammer vor, was dem Ziel, den Toten an den Grenzen Europas ihre Würde wieder zu geben, nicht unbedingt entspricht.“ Trotzdem bilanziert die Kritikerin:…