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Nachrichtenforum: Aktionen, Pläne & Projekte · von Jürgen Raap · S. 8 - 15
Nachrichtenforum: Aktionen, Pläne & Projekte , 1996

Documenta: Sommertheater

Kassels Offizielle hatten eine große Image-Offensive gestartet. Als nämlich unlängst Helmut Mooshammer das Staatstheater via Düsseldorf verließ mit der Bemerkung, er gehe “in eine Stadt der Kultur-Bundesliga”, konterte Kulturdezernentin Irmgard Schleier im Lokalblatt “Infotip”: “Kassel ist eine Kulturmetropole, die viel zu bieten hat”. Das Magazin “Xcentric” ließ gleichzeitig u.a. Hans-Jochen Weikert, Geschäftsführer der “Kassel Service GmbH”, mit ähnlich euphemistischen Einlassungen zu Wort kommen: “Kassel hat Zukunft. Die Stadt bietet ein großstädtisches Angebot im kulturellen und touristischen Bereich”.

Mitten in diese PR-Anstrengungen platzte documenta-Macherin Cathérine David mit ihrem Interview im “FAZ-Magazin”: die neue documenta-Halle schmähte sie als einen Ort, der nur für Squash-Turniere tauge; die Stadt brauche die “documenta”, “um die maroden Finanzen aufzupolieren”. Eine “intellektuelle Tradition” sprach sie Kassel gänzlich ab, dort gäbe es nur “eine Clique alter Dummköpfe aus der Zeit von Arnold Bode”. Ihr Dementi, es handele sich “um Mißverständnisse durch kurz gefaßte und aus dem Zusammenhang gerissene Zitate”, nutzte nichts: denn eine Woche später erschien -zeitlich zufällig- im “Stern” ein weiteres Interview mit der Behauptung, Kassel sei “scheußlich”.

Dies führte in der Stadt zu wochenlangem Mediengemetzel. Ewald Griesel, Marketingdirektor der Stadtsparkasse, zeigte sich “entsetzt” und fürchtete eine Verprellung der Sponsoren. Auch die SPD-Vorsitzende Christa Rudolph empfand die David-Äußerungen als “Schlag ins Gesicht”. Ihre Fraktion forderte OB Georg Lewandowski (CDU) auf, “ein Arbeitsklima zu schaffen, das Verbalausfälle der künstlerischen Leiterin gegen den Standort Kassel nicht mehr zulasse”. Mit dem Antrag, eine Sondersitzung des documenta-Aufsichtsrats einzuberufen, kam die SPD-Fraktion jedoch nicht durch. Die FDP zog nicht mit, wollte stattdessen “erst…

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