AUSGANG CITY, AUFGANG NORD
Während das Bahnhofs-Projekt „Stuttgart 21“ wochenlang für Schlagzeilen sorgte, kuratierte Kai Bauer im Laufe des Jahres 2010 temporäre Kunstprojekte im Umfeld eines anderen „Eurobahnhofs“, nämlich jenem in Saarbrücken. Auch hier hat man im unmittelbaren Umfeld des Hauptbahnhofs auf ehemaligen Bahnflächen ein neues Stadtviertel aus dem Boden gestampft, das die Immobilenvermarkter als „lebendiges Quartier für urbane Nutzungen“ rühmen. Derlei gentrifizierende Aufwertung des Areals bedurfte natürlich auch eines ironisch-künstlerischen Kommentars, weshalb die Künstlerin Simone Decker in ihrem Beitrag zu Kai Bauers Projektreihe „Ausgang City, Aufgang Nord“ den wenig anheimelnden Lützelbachtunnel am Bahnhof in eine Edelstahlmine verwandelte. Im Dezember 2010 wurde ihre nahezu unsichtbare Intervention der Öffentlichkeit vorgestellt, Rohdiamanten im Tunnel zu implantieren. Damit rekurrierte Decker auf die Wirtschaftsgeschichte der Region Saarland-Lothringen, wo im Industriezeitalter der Abbau von Bodenschätzen, vor allem Steinkohle, den Bewohnern einen bescheidenen Wohlstand bescherte. „Eigentlich lädt der Tunnel ja nicht zum Verweilen ein“, meinte Simone Decker, aber gerade deswegen hoffte sie, dass die Passanten sich dort länger aufhielten, um die Wände nach den kostbaren Steinen abzutasten. Ein zweites Projekt bestritt das Künstler-Duo Folke Köbberling und Martin Kaltwasser zum Jahresende 2010. Sie zeigten Fotoplakate mit Aufnahmen der mit bequemen Lederpolsterbänken ausgestatteten Wartehallen in Bahnhöfen der USA, in Riga und Barcelona. Gleichzeitig hatten Köbberling/Kaltwasser aus Recyclingmaterial die Sitzbänke auf den Fotografien nachgebaut und im Außenbereich aufgestellt, und zwar so, dass man von diesem Platz aus die Züge beobachten konnte, die in den Saarbrücker Hauptbahnhof ein- und ausfahren.
RUHR 2010: DAUERHAFTE PROJEKTE
Eisige Temperaturen und Schneechaos begleiteten im Januar 2010 die…