Max Glauner
Ai Weiwei – Interlacing
»Netzwirken«
Fotomuseum Winterthur, 28.5. – 21.8.2011
Man stelle sich vor, ein Zwergplant trüge für den Rest der Jahrmillionen, die er um die Sonne kreist, zum Beispiel den Namen „Martin Kippenberger“ oder „Pipilotti Rist“. Dass dies nicht unwahrscheinlich ist, zeigt die Namensgebung des Asteroiden 2001 SP265, der nach seiner Entdeckung vor zehn Jahren auch unter der Bezeichnung 83598 Aiweiwei in den Weiten des Alls zu finden ist. Die hohe Exzentrizität prädestiniert Zwergplaneten zu Bahnkreuzern, sprich, sie erhöhen mit vergleichsweise unorthodoxen Umlaufbahnen die Gefahr von Kollisionen im interstellaren Orbit.
Irgend so etwas muss dem Namenspatron von Zwergplanet 2001 SP265 geschehen sein, als er am 3. April diesen Jahres von der chinesischen Polizei auf dem Flughafen von Beijing verhaftet und für die kommenden 81 Tage in Gewahrsam genommen wurde. „Wo ist Ai Weiwei“ tönte es aus der Kunstwelt, bis eine Woche vor dem Staatsbesuch des Premierministers der Volksrepublik China Wen Jiabao in Berlin in der Nacht des 22.6. ein erschöpfter Ai Weiwei im blauen T-Shirt einer schwarzen Limousine entstieg, einem aufgeregten ITN-Reporter nichts außer „I can not say anything“ zur Auskunft gab und sich schnurstracks hinter der Studiotür seiner Beijing Fake Cultural Development Ltd verschanzte. Zwergplanetengleich war er aufgetaucht, um gleich wieder zu verschwinden.
Zweifelsohne hat der Hype um Ai Weiwei mittlerweile Züge angenommen, mit denen das Phänomen Ai Weiwei die Auseinandersetzung mit der Kunst und der öffentlich-politischen Person Ai Weiwei übertönt. Dass Ai Weiwei überall und nirgends, mehr Projektion als Realität sei, insinuierte bereits Anfang Mai Chris Dercon in einem…